The Project Gutenberg EBook of Der Alpenkonig und der Menschenfeind by Ferdinand Raimund Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. You can also find out about how to make a donation to Project Gutenberg, and how to get involved. **Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** **eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** *****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** Title: Der Alpenkonig und der Menschenfeind Author: Ferdinand Raimund Release Date: October, 2004 [EBook #6637] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on January 8, 2003] Edition: 10 Language: German Character set encoding: ASCII *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ALPENKONIG UND DER MENSCHENFEIND *** Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient German books in London. This Etext is in German. We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- which requires a binary transfer, or sent as email attachment and may require more specialized programs to display the accents. This is the 7-bit version. Der Alpenkoenig und der Menschenfeind Ferdinand Raimund Romantisch-komisches Original-Zauberspiel in zwei Aufzuegen Personen: Astragalus, der Alpenkoenig Linarius und Alpanor, Alpengeister Herr von Rappelkopf, ein reicher Gutsbesitzer Sophie, seine Frau Malchen, seine Tochter dritter Ehe Herr von Silberkern, Sophiens Bruder, Kaufmann in Venedig August Dorn, ein junger Maler Lischen, Malchens Kammermaedchen Habakuk, Bedienter bei Rappelkopf Sebastian, Kutscher in Rappelkopfs Dienst Sabine, Koechin in Rappelkopfs Dienst Christian Gluehwurm, ein Kohlenbrenner Marthe, sein Weib Salchen, ihre Tochter Haenschen, Christoph und Andres, ihre Kinder Franzel, ein Holzhauer, Salchens Braeutigam Christians Grossmutter Rappelkopfs verstorbene Weiber: Victorinens Gestalt Wallburgas Gestalt Emerentias Gestalt Alpengeister. Genien im Tempel der Erkenntnis. Dienerschaft in Rappelkopfs Hause. Die Handlung geht auf und um Rappelkopfs Landgut vor. Erster Aufzug Erster Auftritt Die Ouvertuere beginnt sanft und drueckt froehlichen Vogelsang aus, dann geht sie in fremdartiges Jagdgetoen ueber, begleitet von Buechsenknall. Beim Aufziehen der Kurtine zeigt sich eine reizende Gegend am Fuss einer Alpe, welche sich im Hintergrunde majestaetisch erhebt. Im Vordergrunde zeichnet sich in der Mitte ein Gebuesche von Alpenrosen, links ein abgebrochener Baumstamm und im Vordergrunde rechts ein hoher Fels aus. Ein Chor von Alpengeistern, dabei Linarius, durchaus grau als Gemsenjaeger gekleidet, jeder eine erlegte Gemse ueber den Ruecken haengen, eilt von der Alpe herab und sammelt sich im Vordergrunde der Buehne. Chor. Stellt die Jagd ein, luftge Schuetzen! Von den steilen Alpenspitzen Steigt herab ins blumge Tal. Zaehlt mit wilder Jaegerfreude Schnell die frischgefaellte Beute Hier im gruenen Weidmannssaal. Zweiter Auftritt Astragalus, ganz grau gleich den uebrigen Geistern als Alpenjaeger gekleidet, ein Jagdgewehr ueber die Schulter. Astragalus (im rauhen Tone). Holla ho, ihr Jaegersleute! Seid genuegsam in der Beute. Lasst, ihr jagdberauschten Schergen, Ruhn das Gemsvolk in den Bergen. Lang gedonnert haben wir Heut im steinigten Revier. Linarius (erster Alpengeist). Grosser Fuerst, du magst nur winken, Und der Alpen Geister sinken Kraftberaubet in den Staub Wie vorm Sturmwind welkes Laub. Keiner ist hier, der es wagt, Fortzusetzen mehr die Jagd. Doch es kann nichts Schoenres geben, Als auf Alpenspitzen schweben Und den Blitz vom Rohre senden, Der Gazelle Leben enden. Ha! wenn aus metallnem Lauf Krachend sich der Schuss entladet Und die goldne Kugel drauf In der Gemse Blut sich badet: Das ist echte Weidmannslust, Das erhebt des Jaegers Brust. Alle. Das ist echte Weidmannslust! Das erhebt des Jaegers Brust! Astragalus. Bei des Eismeers starren Wellen, Ihr seid wackre Jagdgesellen. Oft soll euch die Lust entzuecken, Doch auch andre mags begluecken. Denn was wir dem Berg entwenden, Will ins duerftge Tal ich senden. An Bewohner niedrer Huetten, Die um karges Mahl oft bitten, Teilet eure Gemsen aus. Werft sie unsichtbar ins Haus. Linarius. Edel ist stets dein Beginnen, Und wir eilen schnell von hinnen, Um den maechtgen Herrscherwillen Stolz zu ehren durch Erfuellen. Lasst die Huetten uns umrauschen Und leis dem Entzuecken lauschen, Wenn sie in der Tiere Wunden Goldne Kugeln aufgefunden. Dankesperlen, die sie weinen, Wollen wir zu Kraenzen einen, Dass sie zieren dann zum Lohn Lieblich deinen Alpenthron. (Alle ab.) Dritter Auftritt Astragalus allein. Astragalus. Wohl soll in der Geister Walten Lieb und Grossmut maechtig schalten, Und ihr Wesen hoher Art, Wo sich Kraft mit Freiheit paart, Soll, befreit von irdschem Band, Schwingen sich an Aethers Rand. Doch, so wies im Menschenleben Boes und gut Gesinnte gibt, Jener hasst und dieser liebt: So ists auch in Geistersphaeren, Dass nicht all nach oben kehren Ihr entkoerpert Schattenhaupt, Und, des liebten Sinns beraubt, Auch der Boese schaut nach unten, An die finstre Macht gebunden. Und so wird der Krieg bedinget, Der die Welt mit Leid umschlinget, Der die Wolken jagt durch Luefte, Der auf Erden baut die Gruefte, Der den Geist gen Geist entzweiet, Der dem Hai die Kraft verleihet, In des Meeres Flut zu wueten, Der dem Nordhauch schenkt die Blueten, Der den Sturm peitscht gegen Schiffe, Dass zerschmettern sie am Riffe, Der die Menschen reiht in Heere, Dass sie zu des Hasses Ehre Ueber ihrer Brueder Leichen Sich des Sieges Lorbeer reichen-- Doch ich liebe Geisterfrieden, Bin dem Menschen gut hienieden, Hause nicht in Bergesschluenden, Lass in freier Luft mich finden. Hab auf Hoehen, glaenzend weiss, Auf des Gletschers kuehnstem Eis, Mein kristallnes Schloss erbaut, Das der Sterne Antlitz schaut. Und dort blick aus klaren Raeumen Auf der Menschheit eitles Traeumen Mitleidsvoll ich oft herab. Doch wenn ich am Pilgerstab Manch Verirrten wandern sehe, Steig von meiner wolkgen Hoehe Nieder ich zum Erdenrunde, Reich ihm schnell die Hand zum Bunde Und leit ihn mit Freundessinn Zum Erkenntnistempel hin. (Ab.) Vierter Auftritt Auf der entgegengesetzten Seite Malchen, Lischen. Erstere im lichtblauen Sommerkleide, einen Strohhut auf dem Haupte, laeuft froehlich voraus. Malchen. Ach, das heiss ich gelaufen, wie pfeilschnell doch die Liebe macht! (Sieht sich um.) Hier ist mein teures Tal. Wie herrlich alles blueht, heut glaenzt die Sonne doppelt schoen, als waere Festtag an dem Himmel und sie des Festes Koenigin. Ach, wie dank ich dir, du liebe Sonne, dass du mir meinen August bringst. Lischen, Lischen! (Ruft in die Kulisse.) Wo bleibst du denn? Wie aengstlich sie sich umsieht. Was hast du denn? Lischen (kommt ganz verwirrt und sehr geschwaetzig). Aber Sie unglueckseliges Fraeulein, wie koennen Sie sich denn heute in diese beruechtigte, verrufene, bezauberte Gegend wagen? Haben Sie nicht die wilde Jagd gehoert? heut ist der Alpenkoenig los. Haett ich das gewusst, Sie haetten mich nicht mit zwanzig Pferden aus dem Haus gezogen. Aber Sie weckten mich auf, sagten mir, ich sollte mich schnell anziehen, Sie wollten Ihrem August entgegeneilen, der heute von seiner Kunstreise aus Italien zurueckkoemmt. Malchen. Nun, das tat ich ja. Hier erwart ich meinen August. Sein letzter Brief nennt mir den heutgen Morgen. Hier schieden wir in Gegenwart meiner Mutter vor drei Jahren mit betruebtem Herzen voneinander. Du weisst, dass mein Vater schon damals gegen unsere Liebe war, obwohl Augusts Onkel starb und ihm einiges Vermoegen hinterliess, schlug er ihm doch meine Hand ab, geriet in den heftigsten Zorn und warf ihm Talentlosigkeit in seiner Malerkunst vor. August, auf das bitterste gekraenkt, beschloss, nach Italien zu reisen, um seinen Kummer zu zerstreuen und sich an den grossen Mustern zu bilden. Hier schwor er mir ewge Treue, meine gute Mutter versprach uns ihren Beistand, doch du weisst, wie es um meinen armen Vater steht. Hier haben wir uns getrennt, hier gelobten wir uns wieder in die Arme zu stuerzen. Nach seinen Briefen hat er grosse Fortschritte in seiner Kunst gemacht. Lischen. Was Italien, was Kunst, was helfen mir alle Maler von ganz Italien und Australien! In diesen Bergen haust der Alpenkoenig. Und wenn uns der erblickt, so sind wir verloren. Malchen. So sei nur ruhig, es wird ja den Hals nicht kosten. Lischen. Aber die Schoenheit kanns kosten, und der Verlust der Schoenheit geht uns Maedchen an den Hals. Und wie innig ist die Schoenheit mit dem Hals verbunden, wer halst uns denn, wenn wir nicht schoen mehr sind? Wissen Sie denn nicht, dass jedes Maedchen, das den Alpenkoenig erblickt, in dem Augenblick um vierzig Jahre aelter wird? Ja sehen Sie mich nur an, keine Minute wird herabgehandelt. Vierzig Jahre, und unsere jetzigen auch noch dazu, da wird eine schoene Rechnung herauskommen. Stellen Sie sich die Folgen einer so entsetzlichen Verwandlung vor. Was wuerde ihr geliebter Maler dazu sagen, wenn er in Ihnen statt einer bluehenden Fruehlingslandschaft eine ehrwuerdige Wintergegend aus der niederlaendischen Schule erblickte, was wuerden alle meine Anbeter dazu sagen, wenn der Anblick dieses Ungetuems meine Wangen in Falten legte wie eine hundertjaehrige Pergamentrolle? Malchen. Aber wer hat dir denn solche Maerchen aufgebunden? Beinahe koennt ich selbst in Angst geraten. Es gibt gar keinen Alpenkoenig. Lischen. Nicht? Nun gut--bald werd ich Sie wie meine Grossmutter verehren. Folgen Sie mir, oder ich laufe allein davon. (Will fort.) Malchen. So bleib nur, mein August wird bald hier sein, die Sonne steht schon hoch, du musst mir Toilette machen helfen, der Wind hat meine Locken ganz zerruettet. Du hast doch den kleinen Spiegel mitgenommen, wie ich dir befahl? Lischen. Ei freilich, ach, haett ich lieber meine Angst vergessen! Malchen. So. (Setzt sich auf den Baumstamm und oeffnet ihre Locken. Lischen steht mit dem Spiegel vor ihr.) Halt ihn nur! Weisst du, Lischen, ich muss mich doch ein wenig zusammenputzen, er koemmt aus Italien, und die Frauenzimmer sollen dort sehr schoen sein. Lischen. Hahaha, warum nicht gar! Ich kenne in der Welt nur ein schoenes Frauenzimmer. Sie werden mich verstehen, Fraeulein. Malchen (nimmt es auf sich). Du bist zu galant, Lischen, das verdien ich nicht. Lischen (beiseite). Die glaubt, ich mein sie, wie man nur so eitel sein kann--und ich meine mich. Malchen. So, Lischen, jetzt sind die Locken alle offen--jetzt halt nur gut, der Alpenkoenig tut uns nichts. Lischen. Ach ums Himmels willen, nennen Sie doch den abscheulichen Alpenfuersten nicht--(erschrickt) es rauscht ja etwas im Gebuesche, Himmel, ich lass den Spiegel fallen. (Ein Auerhahn fliegt aus dem Gebuesche auf. Sie schreit.) Ach der Alpenkoenig! (Laeuft mit dem Spiegel fort.) Malchen (nachrufend). Lischen, Lischen, was schreiest du denn, es ist ja nur ein Vogel. Ach du lieber Himmel, sie hat ja den Spiegel mitgenommen, die laeuft ganz sicher nach Hause. Lischen, so hoere doch! Entsetzlich, meine Locken, wenn jetzt August koemmt und mich so erblickt. Das ueberleb ich nicht. Ach du lieber Himmel, wie haett ich mir das vorstellen koennen, das ist doch das groesste Unglueck, das einem Menschen begegnen kann. (Besinnt sich.) Aber pfui, Malchen, was ist das fuer eine Eitelkeit, August wird dich doch nicht deiner Locken wegen lieben? (Aergerlich.) Aber die Locken tragen dazu bei, wenn die Maenner nun einmal so sind, was kann denn ich dafuer? Und warum heissen sie denn Locken, wenn sie nicht bestimmt waeren, die Maenner anzulocken? (Sieht in die Szene.) Ach, dort eilt er schon den Huegel herauf. O welche Freude (huepft), welche Freude! (Ploetzlich stille.) Wenn nur die fatalen Locken nicht waeren! Ich will mich hinter den Rosenbusch verstecken, vielleicht bring ich sie doch ein wenig zurechte. (Verbirgt sich hinter das Rosengebuesche.) Fuenfter Auftritt August im einfachen Reiseanzug, eine Mappe unter dem Arme. August. Von dem meerumwogten Strande, Aus dem wunderholden Lande, Wo die goldnen Aehrenfelder Wechseln mit Orangenwaelder, Wo die stolzen Apenninen Ueber alte Groesse sinnen, Wo die Kunst mit Geisteswaffen Das Vollendetste erschaffen, Wo die ungeheuren Reste Der zerfallenen Palaeste An die Kraft der Zeit uns mahnen Und wir bebend Hohes ahnen: Aus dem Tempel der Natur Kehr ich heim zur stillen Flur. Denn im biedern Vaterlande Ketten mich die teuern Bande Zarter Liebe, fester Treue, Und der Riesenbilder Reihe, Die wie Traeume mich umwehen, Schliesst ein frohes Wiedersehen. Seid mir gegruesst, ihr heimatlichen Berge! O Erinnerung, wie nah trittst du an mich und reichst mir einen schoenen Kranz, geflochten aus vergangnen Freuden. Und doch muss ich bei all dem Schoenen hier das Schoenste noch vermissen, bei all dem Lieben fehlt mein Liebstes mir. Wo bist du, teures Malchen? Warum erwartest du mich nicht? Sollte sie meinen Brief nicht empfangen haben? Ist sie krank? Vielleicht kann sie so frueh vom Haus nicht fort. Sie koemmt gewiss. Ich will indes die Gegend zeichnen hier, die sie so liebt, und zum Geschenk ihrs bieten, wenn sie naht. (Er setzt sich auf den Baumstamm und zeichnet.) Wie herrlich dort die Alpe glaenzt im Sonnenstrahl, die heitre Luft, und hier--der dunkle Fels, der ueppge Rosenstrauch--nur eins gefaellt mir nicht, die bleichen Rosen machen sich nicht gut, ich wuesste schoenere, die auf ihren Wangen bluehn. Waer nur Malchen hier, sie sagte mir gewiss, was ich fuer Farben waehlen soll. Malchen (oeffnet mit beiden Haenden den Rosenstrauch und blickt liebevoll hervor, so dass sie mit halbem Leibe sichtbar ist und sagt zaertlich). Lass sie blau sein wie Bestaendigkeit. August (hoechst entzueckt). Amalie! (Sie stuerzen sich in die Arme.) Malchen. August, lieber August! Astragalus (erscheint auf dem Fels im Vordergrunde und ruft). Heisa he! da gehts ja lustig zu im Alpentale. (Er stuetzt sich auf sein Gewehr und behorcht das folgende Gespraech.) August. Liebes, schoenes, gutes Malchen--(ploetzlich scherzhaft) boeses Malchen, warum hast du mich auch nur einen Augenblick geneckt? Malchen. Sei nicht boese, lieber August! August. Dafuer raech ich mich durch diesen Kuss. (Kuesst sie.) Malchen. O du rachsuechtiger Mensch! August (sanft). Bist du ungehalten darueber? Malchen (unschuldig). Gott bewahre, raeche dich nur. Boese Leute sagen, die Rache sei suess, und auf diese Weise moecht ich es beinahe glauben. August. Gutes Malchen! Wie gluecklich fuehl ich mich, dich wieder zu sehen, nichts soll uns trennen als der Tod Malchen. Und mein Vater, August, der ist noch weit ueber den Tod. Wenn der gute Vater nur nicht gar so boese auf mich waere! August. Sorge nicht, Malchen, wenn er die Fortschritte meiner Kunst erfahren wird, wenn er sich von der Bestaendigkeit meiner Liebe ueberzeugt, so kann uns seine Einwilligung nicht entgehen. Ich will noch heute zu ihm. Malchen. Ach, das ist vergebens. Mein Vater spricht niemand ausser seiner Familie, nur selten die Dienerschaft. Er ist zum Menschenfeind geworden. August. Unmoeglich, und du ruehmtest mir sein Herz, seine Rechtlichkeit. Malchen. Er besitzt beides. Doch du weisst, dass mein Vater, als er in der Stadt noch den ausgebreiteten Buchhandel hatte, um grosse Summen betrogen wurde, die er aus Gutmuetigkeit an falsche Freunde verlieh. Undank und Niedertraechtigkeit brachten ihn zu dem Entschluss, seinen Buchhandel aufzugeben, die Stadt zu fliehen und sich auf seinem gegenwaertigen Landsitz vor der Zudringlichkeit aehnlicher Menschen zu verbergen. Hier liest er nun unaufhoerlich philosophische Buecher, die ihm den Kopf verruecken. Sein Misstrauen hat keine Grenzen. Er hat die unglueckliche Weise, gegen jeden Menschen so aufzufahren, dass er die gleichgueltigsten Dinge mit einer Art von Wut verlangt. Niemand, selbst die Mutter, kann um ihn weilen. Alles flieht und fuerchtet ihn, und darum hat er jeden im Verdacht der Untreue und goennt doch keinem eine Verteidigung. Sein Menschenhass steigt mit jedem Tage, und wir fuerchten fuer sein Leben. Wie gerne wuerden wir alles dafuer tun, ihn von unserer Liebe zu ueberzeugen; doch, wer lehrt ihn den Fehler seiner unbilligen Heftigkeit einsehen und ablegen, womit er sich alles zum Feinde macht und sich der Mittel beraubt, die Menschen aus einem bessern Gesichtspunkte zu betrachten. Deinen Namen duerfen wir gar nicht aussprechen, er weiss, dass meine Mutter unsre Liebe billiget, und hasst sie darum bis in den Tod. August. O grausames Schicksal, warum vernichtest du all meine gluecklichen Traeume wieder? Also kann ich dich nie besitzen, Malchen? Malchen. Wenn ich nur ein Mittel wuesste, dich zu erringen! Waer ich frei wie jener Vogel, der sich so froehlich in der blauen Luft dort wiegt, ich zoege mit dir durch die ganze Welt. Glueckliches beneidenswertes Tier! Wer darf dir deine Freiheit rauben? (Astragalus schiesst den Vogel aus der Luft. Man sieht ihn aber nicht fallen. Malchen erschrickt.) Ha! Astragalus (immer im rauhen Tone). Des Schuetzen Blei, weil du die Frage stellst. Malchen (blickt hinauf). O August, sieh! August. Wer bist du, grauer Wundermann? Astragalus. Den Alpenkoenig nennt man mich. Malchen. Der Alpenkoenig! wehe mir! (Sinkt ohnmaechtig in Augusts Arme.) August. Was ist dir, Malchen? Huelfe, Huelfe, steht ihr bei! Astragalus (lachend). Da muessen Steine sich erbarmen selbst. Hab Mitleid, Fels, und oeffne schnell dein Herz! (Er stosst mit dem Kolben des Gewehrs an den Fels. Der Fels oeffnet sich, man sieht einen kleinen Wasserfall, der ueber Rosen sprudelt, an dem zwei Genien lauschen, sie fangen mit goldnen Muscheln Wasser aus der Quelle und besprengen Malchen damit.) Erwache, Toerin, die sich Fluegel wuenscht und so die Erde hoehnt! August. Sie schlaegt das Auge auf. Wie ist dir, Malchen? Malchen. Ach, wie kann mir sein! Ich habe den Alpenkoenig erblickt. Jetzt bin ich gewiss um vierzig Jahre aelter geworden. Erkennst du mich noch, August? August. Bist du von Sinnen? Was hast du denn? Malchen. Ach, Falten habe ich, lieber August, viele tausend Falten. Ich muss entsetzlich aussehen. Sieh mich nur nicht an! August. Was faellt dir ein! Du bist so schoen, als du es immer warst. Malchen. Schoen waer ich? Gewiss? Und haette keine Falte, keine einzige? August. Gewiss nicht. Malchen. Ach du lieber Himmel, wie danke ich dir! Nein, eine solche Angst hab ich in meinem Leben noch nicht ausgestanden! August. Was war dir denn? Malchen. Nun, Lischen sagte mir, ein Maedchen, das den Alpenkoenig sieht, wuerd um vierzig Jahre aelter. Astragalus (tritt vor). So sagte sie? Malchen. Ach! da ist er schon wieder! (Verhuellt das Gesicht.) Astragalus. Seid ohne Furcht und horcht, was Alpenkoenig spricht. Schon zweimal sah ich eurer Herzen Brand Wie Morgenrot auf Lilienschnee ergluehen Und Traenen, edler Sehnsucht nur verwandt, Leidkuendend ueber eure Wangen ziehen. Und weil mich dies so inniglich erfreut, Dass ihr so seltsam treu noch denket, Hab ich euch meine Fuerstengunst geweiht Und eure Lieb mit meinem Schutz beschenket. (Zu Malchen.) Ich weiss um deines Vaters Menschenhass, Hab ihn belauscht, wenn er den Wald durchrannte Mit Ebersgrimm, auf Bergesgipfel sass Und seinen Fluch nach allen Winden sandte. Doch lasst darum den treuen Mut nicht sinken. Erkennen wird mit seinem Wahnsinn rechten. Die Sterne werden bald zur Brautnacht winken, (zu Malchen) Und Alpenkoenig wird den Kranz dir flechten. (Ab.) Sechster Auftritt August. Malchen. Malchen. Hast dus gehoert, August, ists ein Traum, wir sollen gluecklich werden? August. Wir wollen seinem Worte glauben. Und obwohl ich seine Existenz fuer ein Maerchen hielt, muss ich sie fuer wahr erkennen, wenn ich nicht ungerecht gegen meine Sinne handeln will. Malchen. Komm, wir wollen meiner Mutter alles erzaehlen, ich werde schon sehen, dass du mit ihr sprechen kannst. Lass uns vertrauen auf den Alpenkoenig. Er scheint nicht boes zu sein, ich hab ihm auch dreist ins Auge geblickt, und es hat mir nichts geschadet, nicht wahr, lieber August? Ich bin um gar nichts aelter geworden? August. Nein, liebes Malchen. Seit ich dich wiedersehe, kaum um eine Stunde. Malchen. Um eine Stunde nur? (Ihm sanft ins Auge blickend.) Nun, eine Stunde kann ich schon verschmerzen und es war eine glueckliche, denn ich habe sie mit dir verlebt. August. O gutes Malchen, wie beglueckst du mich! (Beide Arm in Arm ab.) Siebenter Auftritt Verwandlung Zimmer auf Rappelkopfs Landgut. Sophie. Sabine. Der Kutscher. Die saemtliche Dienerschaft. Chor. Euer Gnaden sind so guetig, Doch wir haltens nimmer aus. Unser Herr ist gar zu wuetig, Und das treibt uns aus dem Haus. Niemand kann bei ihm bestehn, Und wir wollen alle gehn. Sopie. Seid nur ruhig, liebe Leute, verseht euren Dienst, nur kurze Zeit noch, es wird sich vielleicht bald alles aendern. Geht an eure Pflicht! Wenn mein Mann herueberkaeme, ich bin in Todesangst. Kutscher. Ei, was nutzt denn das, Euer Gnaden, er solls wissen, wir koennens nicht mehr laenger aushalten mit ihm, wir tun unser Schuldigkeit, und er kann uns nicht leiden. Sopie. Es wird sich alles aendern, ich habe an meinen Bruder nach Venedig geschrieben, ihm meines Mannes Seelenkrankheit und ihre ueblen Folgen vorgestellt, er wird vielleicht noch heute ankommen, um alles zu versuchen, seinen Menschenhass zu heilen--oder mich von meinem armen Mann zu trennen. Kutscher. Na, das ist die hoechste Zeit, Euer Gnaden schauen sich ja gar nimmer gleich. Drei Weiber hat er schon umbrachte er ist ja ein voelliger blauer Bart. Achter Auftritt Vorige. Habakuk. Sopie. Diese gemeinen Aeusserungen hoeren zu muessen! Habakuk, ist mein Mann auf seinem Zimmer? Ist Malchen schon zu Hause? Habakuk. Der gnaedige Herr ist schon wieder im Gartenzimmer, er hat sich selbst seinen Schreibtisch und seinen Stuhl hinuebergetragen und geht mit sieben Ellen langen Schritten auf und ab. Ich versichere Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein solcher Herr ist mir nicht vorgekommen. Sabine (im schwaebischen Dialekt). Nu da habe wirs, jetzt trau ich mich nicht in den Garte hinaus, er hat den Schluessel von der Hofgartetuer abgezogen.--Ich kann nicht koche-- Sopie. Nun so geh Sie durch das Gartenzimmer. Sabine. Ja wer traut sich denn hinein? Wenn der Herr drinne ist? Da geh ich ja eher zu einem Leopard in die Falle. Er jagt ja alles hinaus. Wenn er in die Kuchel kommt, so waers notwendig, ich schliefet unter den Herd. Habakuk. Nun ja, und da sind so schon so viel Schwaben unten. Kutscher. Mich kann er gar nicht leiden, ich muss mich immer unters Heu verstecken. Habakuk. Mich hasst er doch nur bis daher (zeigt den halben Leib). Er sagt, ich waer nur ein halbeter Mensch. Sopie. Aber er beschenkt euch ja so oft. Sabine. Ja aber wie? Er tut einem dabei alle Grobheiten an und wirft einem das Geld vor die Fuess. Habakuk. Oh, da ist er noch in seinem besten Humor, aber neulich nimmt er sein goldene Uhr, ich glaub, er macht mir ein Praesent, derweil wirft er mir s' an den Kopf. (Hochdeutsch.) Ja, das sind halt Beruehrungen, in die man nicht gern mit seiner Herrschaft kommt, ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich nicht erlebt. Zu was brauch ich zwei Uhren, ich hab meine Uhr im Kopf, aber am Kopf brauch ich keine. Sabine. Kurz, in dem Haus ist nichts zu mache, wenn man nicht einmal in den Garten kann-- Habakuk. Wie soll man denn da auf ein gruenes Zweig kommen! Alle. Kurzum, wir wollen alle fort. Sopie. Also wollt ihr eure Frau, die euch immer so menschenfreundlich gewogen war, so ploetzlich verlassen, da ihr doch seht, dass sowohl ich als meine Tochter eine gleiche Behandlung zu erdulden haben? Ich kann euch nicht fortlassen, weil zwischen heut und morgen mein Bruder ankoemmt, der vieles ueber meinen Mann vermag. So lange muesst ihr die Launen eures Herrn noch ertragen. Alle. Es geht nicht, Euer Gnaden, es ist nicht zum existieren. Sopie. Nun, so nehmt dieses kleine Geschenk (sie gibt jedem einige Silberstuecke) und staerkt eure Geduld damit, vielleicht geht es doch. Alle. Ach! Wir kuessen die Hand, Euer Gnaden. Kutscher. Wir werden halt sehen, ob wir auskommen koennen mit ihm. Habakuk. Solang wir mit dem Geld auskommen, kommen wir schon mit ihm auch aus. Sabine. Und wisse Euer Gnade, er waer nicht gar so uebel, der gnaedge Herr-- Kutscher. Ach gar nicht--wenn er nur anders waer. Habakuk. Freilich, das ist der einzige Umstand. Sopie. Doch jetzt geht beruhigt an eure Geschaefte. Alle. Gleich, gnaedige Frau. (Ab.) Kutscher. Euer Gnaden sind halt eine gscheide Frau. Ich sag immer, Euer Gnaden sind einmal ein Kutscher gwesen, weil Euer Gnaden so gut wissen, dass man einen Wagen schmieren muss, wann er fahren soll. (Lacht dumm und geht ab.) Sabine (kuesst ihr die Hand). Das ist wahr, Euer Gnaden sind eine Frau, die man in der ganzen Welt suche darf. (Ab.) Habakuk. Ich versichere Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein Herz, wie Euer Gnaden zu haben belieben, das ist wirklich, wie man auf franzoesisch sagt, nouveau! Neunter Auftritt Lischen. Vorige. Sopie. Nun endlich seid ihr zurueck. Wo ist Malchen? Ist August angekommen? Haben sie sich getroffen? Lischen. Von allen dem weiss ich keine Silbe, gnaedige Frau, ich weiss gar nichts, als dass der Maedchen verfolgende Alpenkoenig eine Jagd gegeben hat, dass mich an dem Ort des Rendezvous eine Angst befallen hat und dass ich ueber Hals und Kopf zurueckgelaufen bin. Sopie. Und Malchen? Lischen. Wollte ihren Liebhaber erwarten und war nicht zu bewegen, mit zurueckzugehen. Sopie. Aber wie kann Sie sich unterstehen, meine Tochter allein zu lassen? Sie leichtsinnige Person, der ich mein Kind anvertraut habe! Ich muss nur gleich Leute hinaussenden. Wenn ihr ein Unglueck widerfuehre! O Himmel, was bin ich fuer ein gequaeltes Geschoepf! Lischen. Aber gnaedge Frau-- Sopie. Geh Sie mir aus den Augen. (Eilig ab.) Zehnter Auftritt Lischen. Habakuk. Lischen (aeusserst zornig). Nein, das ist nicht zum Aushalten, das Haus ist ja eine wahre Folterbank. Wie man nur die Dienstleute so herabsetzen kann? Habakuk. Es ist aber auch ein Volk. Ich bin ein Bedienter, aber wenn ich mein eigner Herr waer, ich jaget mich selber fort. Lischen. Mich eine Person zu heissen! Habakuk. Solche Personalitaeten! Lischen. Halt Er Sein Maul! Wenn ich nur diesen langweiligen Menschen nicht mehr vor mir sehen duerfte! Habakuk. Ich bin kein Menschenfeind, aber ich habe einen Stubenmaedelhass. Was mir diese Person zuwider ist, bloss weil sies nicht glauben will, dass ich in Paris gewesen bin. (Boshaft.) Gschieht Ihr schon recht, Mamsell Liserl! Lischen. O Er erbaermlicher Wicht! Er verdient gar nicht, dass sich ein Stubenmaedchen von meiner Qualitaet mit Ihm unter einem Dache befindet. Habakuk. Oh, prahlen Sie nicht so mit Ihrer Stubenmaedelschaft, Sie haben auch die Stubenmaedlerei nicht erfunden. Ich versichere Sie, ich war zwei Jahr in Paris, da gibt es Stubenmaedel--wenn man die ins Deutsche uebersetzen koennt, das gaebet eine Stubenmaedliade, wo sich die ganze hiesige Kammerjungferschaft verstecken muesst. Und Sie schon gar, meine liebe Exkammerjungfer. Lischen. Er zwei Jahre in Paris gewesener Einfaltspinsel, Er kommt mir gerade recht, wenn Er sich noch einmal untersteht, seine unverschaemte Zunge zu meinem Nachteil zu bewegen, so werd ich Seinen Backen einen Krieg erklaeren und Ihm den auffallendsten Beweis liefern, auf was fuer eine kraeftige Art ein deutsches Kammermaedchen die Ehre ihres Standes zu raechen weiss. (Gibt ihm eine Ohrfeige und geht schnell ab.) Habakuk (haelt sich die Wange). Nein, was man in dem Haus alles erlebt--ich war zwei Jahre in Paris, aber so etwas ist mir nicht vors Gesicht gekommen. (Geht ab, indem er sich den Backen haelt.) Elfter Auftritt Verwandlung Kuerzeres Zimmer. Rechts die Eingangstuer, links fuehrt eine Glastuer nach dem Garten. Auf dieser Seite befindet sich ein massiver altmodischer Tisch und ein Stuhl. Rechts an der Wand neben der Tuer ein hoher Spiegel. Neben der Gartentuer ein Sekretaer. Rappelkopf koemmt in heftiger Bewegung zur Glastuer herein. Sein ganzes Wesen ist sehr auffahrend. Er sieht die Menschen nur auf Augenblicke oder mit Seitenblicken an und wendet sich schnell, entweder erzuernt oder veraechtlich, von ihnen ab. Rappelkopf. Ha! Ja! Lied Ja, das kann nicht mehr so bleiben, 's ist entsetzlich, was sie treiben. Ins Gesicht werd ich belogen, Hinterm Ruecken frech betrogen, 's Geld muss ich am End vergraben, Denn sie stehln als wie die Raben. Ich hab keinen Kreuzer Schulden, Bare hunderttausend Gulden, Und doch wirds mir noch zu wenig, Es taet not, ich wurd ein Koenig. Meine Felder sind zerhagelt, Meine Schimmel sind vernagelt, Meine Tochter, wie betruebt, Ist das ganze Jahr verliebt. Alle Tag ist das ein Gwinsel Um den Maler, um den Pinsel, Der kaum hat ein Renommee, Und vom Geld ist kein Idee. Und mein Weib, bei allen Blitzen, Will die Frechheit unterstuetzen, Sagt, er waer ein Mann zum Kuessen, Wie die Weiber das gleich wissen! Und das soll mich nicht verdruessen? Ja, da moecht man sich erschiessen. Und statt dass man mich bedauert, Wird auf meinen Tod gelauert, Und so sind sie alle, alle, Ich zerberste noch vor Galle. Drum hab ich beschlossen und werd es vollstrecken, Ich lass von den Menschen nicht laenger mich necken. Ich lasse mich scheiden, ich dringe darauf. Der ganzen Welt kuend auf Michaeli ich auf. Die Liebe, die Sehnsucht, die Freundschaft, die Treue, Mir falln s' nur nicht alle gschwind ein nach der Reihe, Die lockenden, falschen, gewandten Mamsellen, Die mich fast ein halbes Jahrhundert schon prellen, Die lad ich noch einmal zum Fruehstueck ins Haus Und peitsch sie, wie Timon, zum Tempel hinaus. Es ist aus! Die Welt ist nichts als eine giftge Belladonna, ich habe sie gekostet und bin toll davon geworden. Ich brauch nichts von den Leuten, und sie kriegen auch nichts von mir, nichts Gutes, nichts Uebles, nichts Suesses und nichts Saures. Nicht einmal meinen sauren Wein will ich ihnen mehr verkaufen. Ich habe Aufrichtigkeit angebaut, und es ist Falschheit herausgewachsen. Es ist schaendlich, ich bin auf dem Punkte durch meinen eignen Schwager zum Bettler zu werden. Er hat mich ueberredet, mein Vermoegen einem Handlungshause in Venedig anzuvertrauen, das jetzt dem Sturze nah sein muss. Ich erhalte keine Interessen, keinen Brief von meinem heuchlerischen Schwager, den ich verkannt und der vielleicht im Bunde steht mit dem betruegerischen Volk. Und so taeuscht mich alles! alles! Darum will ich keinen Kameraden mehr haben als die zanksuechtige Erfahrung. Das ist der vorsichtge, weltghetzte Hase Mit der vom Unglueck zerstossenen Nase, Mit dem millionmal verwundeten Schaedel, Das ist mein Mann, den behandle ich edel. Ich hab zu viel ausgestanden in der Welt. Mich hat die Freundschaft getaeuscht, die Liebe betrogen und die Ehe gefoltert. Ich kanns beweisen, ich hab vier Attestaten, denn ich hab das vierte Weib. Und was fuer Weiber! Eine jede hat eine andere Untugend ghabt. Die erste war herrschsuechtig. Die hat wollen eine Koenigin spielen. Bis ich als Treffkoenig aufgetreten bin. Die zweite war eifersuechtig bis zum Wahnsinn. Wie sich nur eine Fliegen auf meinem Gsicht hat blicken lassen, pums, hat sie s' erschlagen. Das waren zwei Ehen--da kann man sagen, Schlag auf Schlag. Die dritte war mondsuechtig. Wenn ich in der Nacht hab etwas auf sie sprechen wollen, ist sie auf dem Dach oben gsessen. Jetzt frag ich einen Menschen, ob das zum Aushalten war? Aber sie haben doch behauptet, sie koennten mit mir nicht leben, und sind aus lauter Bosheit gestorben. Bin aber nicht gscheid geworden, hat mich die Hoellenlust angewandelt, eine vierte zu nehmen. Eine vierte, die viermal so falsch ist als die andern drei. Die mein Kind in ihrem Ungehorsam unterstuetzt. Den Maler protegiert, den Maler, der vor Hunger alle Farben spielt. Nichts als immer wispert mit der Dienstbotenbrut, Komplotte macht gegen ihren Herrn und Meister. (Sieht zur halboffnen Eingangstuer hinaus.) Aha! Da schleicht das Stubenmaedel herum. Die hat schon wieder eine Betruegerei im Kopf. Die waer nicht so uebel, das Stubenmaedel, das ist noch die sauberste--aber ich hab einen Hass auf sie, einen unendlichen--ich werd sie aber doch hereinrufen, bloss um sie auf eine feine Art auszuforschen. He! Lischen! (Schreit.) Herein mit ihr! Zwoelfter Auftritt Voriger. Lischen tritt furchtsam ein. Lischen. Was befehlen Euer Gnaden? Rappelkopf (immer barsch). Ich hab etwas zu reden mit ihr. Lischen (erschrickt). Mit mir? (Beiseite.) Nun das wird eine schoene Konversation werden. Was er schon fuer Augen macht! Rappelkopf (beiseite). Ich werd alle moeglichen Feinheiten gebrauchen. (Roh.) Da geh Sie her! (Lischen naehert sich verzagt. Rappelkopf betrachtet sie veraechtlich vom Kopf bis zu den Fuessen.) Infame Person! Lischen. Aber Euer Gnaden-- Rappelkopf. Was Gnaden--nichts Gnaden--schweig Sie still und antwort Sie. Lischen. Das kann ich ja nicht zugleich. Rappelkopf. Sie kann alles. Es gibt keinen Betrug, der Ihr nicht moeglich waere. Sie ist eine Mosaik aus allen Falschheiten zusammengesetzt. (Beiseite.) Ich muss mich zurueckhalten, damit ich nur nicht unhoeflich mit ihr bin. Lischen (empoert). Aber wer wird sich denn solche Impertinenzen sagen lassen? Rappelkopf (heftig). Sie, Sie wird 's sich sagen lassen. Und wird keinen Laut von sich geben. Was hat Sie fuer eine Betruegerei vorgehabt? Sie will mich bestehlen? Lischen. Nein! Rappelkopf. Was denn? Lischen. Ich will mich empfehlen. (Will fort.) Rappelkopf (nimmt ein ungeladenes Jagdgewehr). Nicht von der Stelle, oder ich schiess Sie nieder! Lischen (schreit). Huelfe, Huelfe! Rappelkopf. Nicht mucksen! Antwort! Warum hat Sie so verdaechtig herumgesehen? Was ist im Werk? Lischen. Himmel, wenn es losgeht! Rappelkopf. Nutzt nichts! losgehn muss etwas, entweder Ihr Maul oder die Flinten. Lischen. Ach, was soll ich denn mein Leben riskieren! (Kniet nieder.) Lieber gnaediger Herr, ich will alles bekennen. Rappelkopf. Endlich kommts an den Tag. Himmel, tu dich auf! Lischen. Ich habe gelauscht, ob das Fraeulein nicht aus dem Alpental zurueckkoemmt, die gnaedge Frau hat mich ausgezankt, weil ich nicht bei ihr geblieben bin, da sie ihren Liebhaber erwartet, der heute ankommt. Die gnaedige Frau ist mit ihr einverstanden, doch weil sie mich so misshandelt hat, so verrate ich sie. Rappelkopf. Entsetzlicher Betrug! O falsche Niobe! Und Sie niedrigdenkende Person, Sie wagt es, Ihre Frau zu verraten--der Sie so viel Dank schuldig ist? O Menschen, Menschen! Ausgeartetes Geschlecht! Aus meinen Augen geh Sie mir, Sie undankbare Kreatur, ich will nie mehr etwas von Ihr wissen. Lischen. Aber was haett ich denn tun sollen? Rappelkopf. Schweigen haett Sie sollen. Lischen. Aber Euer Gnaden haetten mich ja erschossen. Rappelkopf. Ist nicht wahr, es ist nicht geladen. Betrug fuer Betrug. Lischen. So, also haett ich diese Angst umsonst ausgestanden? Das ist abscheulich. Rappelkopf. Nein, nicht umsonst. Du Krokodil von einem Stubenmaedel--du sollst eine Menge dafuer haben: meine Verachtung, meinen Hass, meinen Schimpf, meine Verfolgung und deinen Lohn. (Wirft ihr einen Beutel vor die Fuesse.) Nimms und geh aus meinem Haus. Mach dich zahlhaft, oder ich zahl dich auf eine andre Art aus. So nimms, warum nimmst du es denn nicht? Lischen. Oh, ich werds schon nehmen. (Denkt nach.) Gnaedger Herr! Rappelkopf. Was denkst denn nach, du Viper? Nimms und ruf mir deine Frau. Lischen (schnell auf die Gartentuer deutend). Dort ist sie ja! Rappelkopf (schiesst schnell gegen die Gartentuer). Wo ist sie? Wo? Her mit ihr. Lischen (hebt schnell den Beutel auf). Das ist ein alter Narr! (Laeuft schnell ab.) Rappelkopf (sieht ihr nach). Hat ihn schon! O ihr Welten, stuerzt zusammen, dieses weibliche Insekt wagt es, mich zum besten zu halten! O Rappelkopf! Wie falsch diese Menschen mit mir sind, und ich bin so gut mit ihnen! Ha! Dort kommt mein Weib, entsetzlicher Anblick--meine Haar straeuben sich empor, ich muss aussehen wie ein Stachelschwein. Dreizehnter Auftritt Voriger. Sophie. Sopie (gelassen). Was willst du denn, lieber Mann? Rappelkopf. Dich will ich, aus der gesamten Menschheit dich! und von dir mein Fleisch und Blut, mein Kind! Wo ist sie? Sopie (verlegen). Sie ist nicht zu Hause-- Rappelkopf (sehr heftig). Nun also, wo ist sie--? Wo?-- Sopie. So sei nur nicht so heftig. Rappelkopf. Jetzt bin ich heftig, und ich bin ganz erstaunt ueber meine Gelassenheit. Im Wald ist sie draussen. Also auch mein Kind ist verloren fuer mich? Sopie. Nu, nu, in dem Wald ist ja kein Baer. Rappelkopf. Aber ein junger Herr--Also die Gschicht ist noch nicht aus, mit diesem Maler? Sopie. Und darf nicht aus sein, denn das Glueck und die Ruhe deiner Tochter stehen auf dem Spiele. Sie wird ihn ewig lieben. Rappelkopf. Und ich werd ihn ewig hassen. Sopie. Was hast du als Mensch an ihm auszusetzen? Rappelkopf. Nichts, als dass er einer ist. Sopie. Was hast du gegen seine Kunst einzuwenden? Rappelkopf. Alles! Ich hasse die Malerei, sie ist eine Verleumderin der Natur, weil sie s' verkleinert. Die Natur ist unerreichbar. Sie ist ein ewig bluehender Juengling, doch Gemaelde sind geschminkte Leichen. Sopie. Ich kann deine Ansichten nicht billigen und darf es nicht. Meine Pflicht verbietet es. Rappelkopf. Weil du dir die Pflicht aufgelegt hast, mich zu hassen, zu betruegen, zu beluegen et cetera. (Wendet sich von ihr ab.) Sopie. So lass dir doch nur sagen-- Rappelkopf. Ist nicht wahr. Sopie. Ich habe ja nichts gesagt noch-- Rappelkopf. Du darfst nur das Maul aufmachen, so ist es schon erlogen. Sopie. So blick mich doch nur an-- Rappelkopf. Nein, ich hab meinen Augen jedes Rendezvous mit den deinigen untersagt. Lieber Kronaeugeln als Liebaeugeln. Aus meinem Zimmer! (Setzt sich und dreht ihr den Ruecken zu.) Sopie (empoert). Du wendest mir den Ruecken zu? Rappelkopf. In jeder Hinsicht. Weil du alles hinter meinem Ruecken tust, so red auch mit mir hinter meinem Ruecken. Ich bin kein Janushaupt, ich hab nur ein Antlitz, und da ist nicht viel daran, aber wenn ich hundert haett, so wuerd ich sie alle von euch abwenden. Darum befrei mich von deiner Gegenwart! Hinaus, Ungeheuer! Sopie. Mann, ich warne dich zum letzten Male. Diese Behandlung hab ich weder verdient, noch darf ich sie laenger erdulden, wenn ich nicht die Achtung vor mir selbst verlieren soll. Niemand ist deines Hasses wuerdiger als dein Betragen. Es ist ein Feind, der sich in seinem eignen Haus bekriegt. Und es ist wirklich hohe Zeit, dass ich mich entferne, damit ich mich nicht durch den Wunsch versuendige, der Himmel moechte dich von einer Welt befreien, die deinem liebeleeren Herzen zur Last geworden ist und in der du keine Freude mehr kennst als die Qual deiner Angehoerigen. (Geht erzuernt ab.) Rappelkopf (allein). Das ist eine schreckliche Person. Alles ist gegen mich, und ich tu niemand etwas. Wenn ich auch manchmal in die Hitz komm, es ist eine seltene Sach, wenn ich ausgeredt hab, ich weiss kein Wort mehr, was ich gsagt hab. Aber die Menschen sind boshaft, sie koennten mich vergiften. Und dieses Weib, gegen die ich eine so auspeitschenswerte Liebe ghabt hab, ist imstande, mich so zu hintergehen. Und doch fordert sie Vertrauen. Woher nehmen? Wenn ich nur einen wuesst, der mir eines leihte! Ich wollte ihm dafuer den ganzen Reichtum meiner Erfahrung einsetzen. (Stellt sich an die Gartentuer.) Dieser Garten ist noch meine einzige Freud. Die Natur ist doch etwas Herrliches. Es ist alles so gut eingerichtet. Aber wie diese Raupen dort wieder den Baum abfressen. Dieses kriechende Schmarotzergesindel. (Sich hoehnisch freuend.) Fressts nur zu. Nur zu. Bis nichts mehr da ist, nachher wieder weiter um ein Haus. O bravissimo! (Bleibt in den Anblick versunken mit verschlungenen Armen stehen.) Vierzehnter Auftritt Voriger. Habakuk tritt zur Eingangtuer herein, ein Kuchelmesser in der Hand. Habakuk. Jetzt wollen wirs probieren. (Sieht Rappelkopf, erschrickt.) Sapperment, da steht er just vor der Gartentuer! Wie komm ich denn jetzt hinaus? Ich trau mich nicht vorbei. Er fahret auf mich los als wie ein Kettenhund. Ach, was kann denn mir geschehen! Ich war zwei Jahr in Paris. Euer Gnaden erlauben, dass ich (Rappelkopf kehrt sich schnell um und erschrickt. Habakuk erschrickt ebenfalls.) Rappelkopf. Was ists--? Was will Er? Habakuk (fuer sich). Bellt mich schon an. (Versteckt das Messer unwillkuerlich.) Rappelkopf (packt ihn an der Brust). Was willst du da herin, warum erschrickst? Habakuk (fuer sich). Hat mich schon. (Laut.) Euer Gnaden verzeihen, ich hab-- Rappelkopf. Was hast? Ein schlechtes Gewissen hast. Was versteckst denn da? Ans Licht damit! Habakuk (zeigt es vor). Ich versteck gar nichts, Euer Gnaden. Es ist ein Kuchelmesser-- Rappelkopf (prallt entsetzt zurueck). Himmel und Hoelle! Der Kerl hat mich umbringen wollen. Habakuk. Warum nicht gar-- Rappelkopf. Den Augenblick gesteh! (Packt ihn und entreisst ihm das Messer.) Ist dieses Messer fuer mich geschliffen? Habakuk. Ah, das waer ja rasend, wenn Euer Gnaden so was glauben koennten-- Ich hab ja Euer Gnaden nur fragen wollen-- Rappelkopf. Ob du mich umbringen darfst? Habakuk. Warum nicht gar, da wuerd man ja Euer Gnaden lang fragen-- Rappelkopf. O du schaendlicher Verraeter! Habakuk. So lassen sich Euer Gnaden nur berichten-- Rappelkopf. Keine Entschuldigung, hinaus mit dir! Habakuk (beiseite). Er lasst einem nicht zu Wort kommen. (Laut.) Euer Gnaden muessen mich hoeren. (Will auf ihn zu.) Rappelkopf (haelt einen Stuhl vor). Untersteh dich und komm mir auf den Leib. Ich glaub, er hat noch ein paar Messer bei sich. Der Kerl ist ein voelliger Messerschmied. Habakuk. So untersuchen mich Euer Gnaden ins Teufels Namen-- Rappelkopf (packt ihn wieder). Das will ich auch. Gesteh, Bandit von Treviso, wer hat dich gedungen? Habakuk. Ich versteh Euer Gnaden gar nicht. Rappelkopf. Ich will wissen, wer diese Schreckenstat veranlasst hat. Habakuk. Mein Himmel, die gnaedige Frau hat gschafft-- Rappelkopf. Genug, ich brauch nicht mehr zu wissen. Entsetzlich! (Habakuk will reden. Rappelkopf schreit.) Nichts mehr! Mein Weib will mich ermorden lassen! (Sinkt in einen Stuhl und verhuellt sein Gesicht.) Habakuk (fuer sich). Ah, das ist schrecklich! ich haett sollen einen Zichori ausstechen (ringt die Haende), und er glaubt, ich will ihn umbringen. Ah, das ist schrecklich, das ist schrecklich! Rappelkopf. Ja, es ist schrecklich--es ist entsetzlich, es ist das Unmenschlichste, was die Weltgeschichte aufzuweisen hat. (Nimmt den Stuhl.) Hinaus, du Moerder! du Abaellino! du Ungeheuer in der Livree! Habakuk. Aber Euer Gnaden-- Rappelkopf. Hinaus mit dir-- Habakuk. Nein, ich war-- Rappelkopf (wuetend). Hinaus, sag ich, oder--(jagt ihn hinaus.) Habakuk (schon vor der Tuer, schreit). Ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich noch nicht erlebt. (Ab.) Rappelkopf (allein). Es ist vorbei, ich bin unter meinem eignen Dache nicht mehr sicher. Drum hinaus, nur hinaus Aus dem moerderischen Haus! Doch vorher will ich mich raechen, Alle Moebel hier zerbrechen. Gleich zuerst nehm ich beim Schoessel Diesen vierzigjaehrgen Sessel, Auf dem meine Weiber sassen, Die mein Lebensglueck mir frassen. Ha! Dich tret ich ganz zuschanden. (Zertritt den Stuhl.) So--der hat es ueberstanden. Auch den Tisch, an dem ich Briefe, Voll Gemuet und treuer Tiefe, Einst an falsche Freunde schrieb, Spalte ich auf einen Hieb. (Schlaegt in den Tisch.) Und der weltverfuehrnde Spiegel, Der Verderbtheit blankes Siegel, Dieser Abgott aller Schoenen, Dem die eitlen Narren froenen, Wo sie stehen, wo sie gaffen Und sich putzen wie die Affen, Gsichter schneiden, Buckerl machen, Weisser Zaehne willen lachen: O du truggeschliffner Raeuber! Du Verfuehrer eitler Weiber! O du niedrige Lappalie! Wart, dir liefr ich jetzt Bataille. (Erblickt sich in dem Spiegel.) Pfui! das haessliche Gesicht, Ich ertrag es laenger nicht. (Zerschlaegt den Spiegel mit geballter Faust.) So! da liegt er jetzt, der Held, Und sein Harnisch ist zerschellt. (Besieht die Hand.) Ha! der glaenzende Betrueger Hat verwundet seinen Sieger, Doch ich mach mir nichts daraus, Floess ein Eimer Blut heraus. (Oeffnet den Schreibtisch und nimmt Briefe aus demselben.) Auch die Briefe voll von Lieb, Die im Wahnsinn ich einst schrieb, Die zerreiss ich alle hier. 's ist nur schad um das Papier. (Zerreisst sie und streut sie auf den Boden. Nimmt Geldrollen und Geldbeutel aus einer Schatulle.) Nur das tiefgehasste Geld, Die Maetresse dieser Welt, Das bewahr ich mir allein, Das muss mit, das steck ich ein. (Steckt es schnell in die Taschen.) Nun? Ihr Esel, ihr vier Waende, Die ich hasse ohne Ende, Warum schaut ihr mich so an? Bin ich nicht ein ganzer Mann? Euch kann ich zwar nicht zerschlagen, Doch ich will euch etwas sagen: Ich geh jetzt in Wald hinaus Und komm nimmermehr nach Haus. (Laeuft wuetend ab.) Fuenfzehnter Auftritt Verwandlung Das Innere einer Koehlerhuette. Russige Waende. Salchen am Spinnrocken. Haenschen, Christopherl, Andresel sitzen am Tisch. Marthe an einer Wiege, in der ihr Kind liegt. Unterm Tisch ein grosser schwarzer Hund. Auf dem Tisch eine Katze, mit welcher die Knaben spielen. Im Hintergrunde zwei schlechte Betten. In einem liegt die kranke Grossmutter, in dem andern der betrunkene Christian. Quintett Salchen (froehlich). Wenn ich an mein Franzel denk, Wird mir halt so gut. 's Herzel, das ich ihm nur schenk, Kriegt gleich frohen Mut. Die drei Kinder. He, Mutter, gib was z' essen her, Der Magen tut uns weh! Salchen. Das Hungern faellt mir gar nicht schwer, Wenn ich mein Buerschel seh. Wenn ich an mein Franzel denk, Wird mir halt so gut. 's Herzel, das ich ihm nur schenk, Kriegt gleich frohen Mut. Die drei Kinder. Mutter, gib uns Brot! Christian (mit lallender Stimme). Ihr Bagage, seids nicht still? Tausendschwerenot! Marthe (ruft). Still! Das Kind. Qua qua! Die Katze. Miau! Der Hund. Hau hau! (Die erste Melodie faellt ein.) Salchen. Mein Franzel ist ein wiffer Bua, Singt den ganzen Tag: Dass er mich alleinig nur Und kein andre mag. Die drei Kinder. Wenn wir nicht was z' essen kriegn, So gehn wir ja zugrund! Salchen. So weckts das Kind nicht in der Wiegn, Und spielts euch mit den Hund! Mein Franzel ist ein wiffer Bua, Singt den ganzen Tag: Dass er mich alleinig nur Und kein andre mag. Die drei Kinder. Sapperment, ein Brot! Christian. Wanns nicht euern Schnabel halts, Schlag ich euch noch tot! Marthe. Still! Das Kind. Qua qua! Die Katze. Miau! Der Hund. Hau hau! Marthe. Still seids, ihr ausgelassenen Buben! Haenschen (weinerlich). Mutter, a Brot! Salchen. Ist keins da, Holzbirn essts! Marthe. Und machts keinen solchen Laerm. Euern Vater ist nicht gut. Andresel. Was fehlt ihm denn? Marthe. Den Schwindel hat er. (Fuer sich.) Man darfs den Kindern nicht einmal sagen. Christoph. Jetzt hat der Vater so viel Kohlen verkauft-- Andresel. Und hat kein Geld z' Haus bracht, nichts als ein Schwindel. Salchen. Was geht das euch an? Andresel. Weil wir hungrig sein. Ich weiss schon, warum wir so wenig z' essen kriegen, weil der Vater so viel trinkt. Salchen. Jetzt schaut d' Mutter einmal die Spitzbuben an. Sie haben gar kein Respekt vor ihren Vatern. Christian. Ich massakrier die Buben alle drei. (Er will auf und taumelt.) Marthe. Liegen bleib! (Sie draengt ihn ins Bette.) Andresel. Er kriegt schon wieder den Schwindel. Alle drei Buben (lachen). Haha! Der Vater kann nicht grad stehn! Marthe. Ob ihr aufhoert! Nein, wie hat mich der Himmel gstraft! Das Kind (schreit). Qua qua! Marthe (zu Salchen). Aufs Kind schau! (Salchen wiegt.) Eine Butten voll Kinder und so einen liederlichen Mann. Kein Pfennig Geld im Haus. (Die Grossmutter niest im Bett.) Hoert d' Mutter zum niesen auf. Man hoert sein eignes Wort nicht. Die drei Buben. Ah, das ist a Spass. Andresel. D' Mutter ist zornig. Haha! Marthe. Nein, die Gall bringt mich um. Du verdammter Bub du, wart, ich will dir deine Mutter ausspotten lernen! (Nimmt ihn beim Kopf und schlaegt ihn.) Andresel (schreit). Au weh! (Weint.) Salchen (springt herzu und haelt sie ab). So hoert d' Mutter auf!-- (Die zwei andern Buben verkriechen sich hinter den Tisch und hinters Bett.) Alles zugleich: Das Kind (in der Wiege). Qua qua! Die Grossmutter (streckt im Bett die Arme heraus und niest). Hehe! Der Hund (bellt). Hau hau! (Die Katze springt davon.) Sechszehnter Auftritt Vorige. Rappelkopf oeffnet die Tuer und bleibt stehen. Rappelkopf. Holla, da gehts zu, nur hinauf auf die Koepf! Das ist ein Gesindel. (Geht in die Mitte des Zimmers und klatscht in die Haende. Schadenfroh.) Bravo! Bravissimo! Salchen. Jetzt schauts den an. Was will denn der da? Marthe. Nu was will Er? Was schaut Er? Rappelkopf. Sie will ich nicht. Sie Altertum! Was kost die Huetten da? Was muss ich zahlen, wenn ich euch alle hinauswerfen darf? Salchen. Ah, der hat einen kuriosen Gusto. Marthe. Er impertinenter Mensch, was untersteht Er sich denn, da hereinzukommen-- Salchen. Und uns Grobheiten anzutun. Christian (halb schlaftrunken). Werfts ihn aussi! Marthe (verdruesslich). Halt's Maul! (Zu Rappelkopf) Was hat denn Er zu befehlen, ich kann meine Kinder schlagen, wie ich will. Andresel. Nun ja, was geht denn den Herrn mein Buckel an? Die Schlaeg sein unser Mittagmahl. Der Bub unterm Bett. Sultel! Huss huss! Der Hund. Hau hau! Marthe und Salchen. Hinaus mit Ihm! Rappelkopf. Still! kein Wort reden! (Zieht zwei Geldbeutel hervor und klingelt damit.) Geld ist da! Dukaten sind da! Die gehoeren alle euch. Verstanden? Also freundlich sein. Die Zaehn herbloecken. Euer Gnaden sagen. Gschwind! Bagage! Gschwind! Marthe. Euer Gnaden, wir bitten um Verzeihung. Gehts, Kinder, kuesst den gnaedigen Herrn die Hand. Kriegts was zu schenken. (Die Kinder kriechen hervor.) Andresel (lacht dumm). Dukaten hat er? Gehts, Buben, kuessen wir ihm die Hand. (Sie kuessen ihm die Haende.) Rappelkopf. Ist schon da die Brut. Alle drei Buben. Euer Gnaden, bitt gar schoen um ein Dukaten. Christian. Bringts mir auch welche her! Salchen. Schamts euch nicht? er foppt euch nur. Rappelkopf. Was will die Frau, da, fuer die Keischen? Ich kauf s'. Wenn s' noch so teuer ist. Marthe. Ah, Euer Gnaden machen nur einen Spass. Was wollten S' denn mit der miserablichen Huetten da? Rappelkopf. Das geht Sie nichts an. Hat Sie genug an zweihundert Dukaten? Marthe. O mein, Euer Gnaden! So viel Geld kanns ja gar nicht geben auf der Welt, da waeren wir ja versorgt auf unser Lebtag. Salchen. Aber die Mutter wird doch nicht die Huetten verkaufen? Was wird denn mein Franzel sagen, wenn ers hoert? Andresel. Mutter, gebts ihm s', es ist nicht mehr wert. Marthe (freudig). O du lieber Himmel, das ist a Glueck! Wenn nur mit mein Mann was zu reden waer! Andresel. Vater! steht der Vater auf! Oder wir verkaufen 's Haus, und den Vatern auch dazu. Marthe. Du Mann! (Fuer sich.) Nein, die Schand vorn Leuten! Er kann sich gar nicht ruehren. (Waehrend dieser Rede liebkost der Hund Rappelkopf, welcher ihn mit dem Fuss von sich stoesst. Der Hund bellt auf ihn. Marthe laut.) Die Huetten kannst verkaufen, stell dir vor, zweihundert Dukaten kriegen wir dafuer. Christian (schlaftrunken). Ist zu wenig--viel zu wenig. Salchen. Wenn er s' nur nicht hergebet! Marthe. Der Mann weiss gar nicht, was er redt. Sie koennen s' habn, Euer Gnaden, es ist schon alles in der Ordnung. Rappelkopf. Da kauf ich alles, wies da liegt und steht. Marthe. Oh, da drauss ist auch ein Kuchel, da haengt a Menge Kuchelgschirr. Andresel. Und Maeus gibts, die sind gar nicht zu bezahlen. Rappelkopf. Also da ist's Geld. (Wirft ihnen Geld hin.) Und jetzt augenblicklich hinaus. Alle miteinander. In zwei Minuten will ich keins mehr sehen. Salchen. Sieht die Mutter, jetzt kommts halt doch auf Hinauswerfen heraus. (Waehrend dieser Reden haben die Kinder alles nach und nach zurueckgeraeumt, so dass die Buehne im Vordergrunde frei von Moebeln ist, bis auf einen Stuhl, auf den sich Rappelkopf setzt. Franzel tritt ein.) Franzel. Guten Abend, der Franzel ist da! Rappelkopf. Da kommt noch so ein Halbmensch. Salchen. O lieber Franzel, schau nur den Fremden an, dem hat die Mutter die Huetten verkauft, er wirft uns alle 'naus. Er hat s' schon zahlt. Franzel. Aber Mutter, was fallt Euch denn ein? Gebts ihm doch 's Geld zurueck, dem abscheulichen Menschen. Marthe. Warum nit gar--das gib ich nimmer her, keinen solchen Narren finden wir nicht mehr. Seids still, von dem Geld koennts euch heiraten. Salchen. Aber wo bleiben wir denn? Es ist ja schon bald Nacht. Marthe. Ums Geld lassen s' uns ueberall hinein. He! Kinder, Vater, Mutter, auf, auf! wir muessen alle fort. Andresel. Das wird ein Auszug werden! Ich freu mich schon. Marthe. Aufsteh, Mann! (Sie zerrt ihn auf und fuehrt ihn vor.) Rappelkopf. Ist er krank? Marthe. Nu, ich glaubs. Rappelkopf. Schon lang? Marthe. Halt ja, das ist gar ein altes Uebel, das ist noch vom vorigen Jahr. Rappelkopf. Das ist nicht wahr! es ist vom Heurigen. Hinaus mit ihm! Christian. Ich geh nicht fort, bis ich das Geld nicht hab. Ich bin ein Mann, ich hab etwas im Kopf, so will ich im Sack auch was haben. Marthe. Ich hab schon 's Geld, (zieht ihm den Rock an und setzt ihm den Hut auf) so geh nur zu! Jetzt Kinder, packts zusammen. (Hansel nimmt den Hund an einen Strick.) Der Christoph fuehrt die Grossmutter. (Sie heben die Alte aus dem Bett und geben ihr die Kruecke in die Hand. Auf Haenschen.) Du fuehrst den Hund, und ich mein Mann. Rappelkopf. Und das Kind? Was gschieht mit den? Andresel. Das nimm ich unterm Arm. Rappelkopf. Das ist ein Hottentottenvolk. Seid ihr in Ordnung jetzt? Andresel. Ja. Eingspannt ists. Rappelkopf. So fahrt hinaus. Salchen. So muessen wir denn wirklich fort, aus unsern lieben Haus-- Christoph (weint). Wo wir alle geboren und verzogen sein. Salchen. Meiner Seel, der Herr kanns nicht verantworten, was der Herr mit seinen Geld fuer ein Unheil anstift. Sextett Salchen. So leb denn wohl, du stilles Haus, Wir ziehn betruebt aus dir hinaus. Alle (bis auf Rappelkopf). So leb denn wohl, du stilles Haus, Wir ziehn betruebt aus dir hinaus. Salchen. Und faenden wir das hoechste Glueck, Wir daechten doch an dich zurueck. Alle. Und faenden wir das hoechste Glueck, Wir daechten doch an dich zurueck. (Alle Paar und Paar ab. Sie sehen sich im Abgehen betruebt um, auch der Hund.) Der Hund (mit gedaempftem Ton gegen Rappelkopf im Abfuehren). Hau hau! Hau hau! (Geht hinten nach, von Haenschen an einem Strick gefuehrt.) Siebzehnter Auftritt Rappelkopf allein. Lied mit Chor Rappelkopf (springt vom Stuhle auf). Jetzt bin ich allein, und ich will es auch bleiben, Will mich mit der Einsamkeit zaertlichst beweiben, Will gar keine Freunde als Berge und Felsen, Verjag das Schmarotzergesindel wie Gelsen, Will nie dem Geschwaetze der Weiber mehr lauschen, Da hoer ich viel lieber des Wasserfalls Rauschen. Zu Pagen erwaehl ich die vier Elemente, Die regen geschaeftig die riesigen Haende. Den Westwind ernenn ich zu meinem Friseur, Der kraeuselt die Locken und weht um mich her, Und wenn ich ein hohes Toupet vielleicht schaff, Frisiert mich der Sturmwind gleich a la Giraff. So leb ich zufrieden im finsteren Haus Und lache die Torheit der Menschen hier aus. (Tritt in die Mitte des Theaters zurueck und starrt vor sich hin. Nah an der Huette ertoent sanft der Chor nach der vorigen Melodie.) Chor. So leb denn wohl, du stilles Haus, Wir ziehn betruebt aus dir hinaus. Der Hund. Hau hau! Rappelkopf (tritt vor). Ich will nichts mehr hoern von den boshaften Leuten, Verachte die Dummen und fliehe die Gscheidten. Und ob sie sich raufen, und ob sie sich schlagen, Und ob sie Prozesse fuehrn und sich verklagen, Und ob sie sich schmeicheln, und ob sie sich kuessen, Und ob sie der Schnupfen plagt, wie oft sie niesen, Und ob sie gut schlafen, und was sie gegessen, Und ob sie vernuenftig sind oder besessen, Und ob wohl in Indien der Hafer ist teuer, Und obs in Pest regnt und in Ofen ist Feuer, Und ob eine Hochzeit wird oder ein Leich: Ha! das ist mir einerlei, das gilt mir gleich. Ich lebe zufrieden im finsteren Haus Und lache die Torheit der Menschen hier aus. (Wirft sich in den Stuhl. Weiter entfernt von der Huette:) Chor. So leb denn wohl, du stilles Haus, Wir ziehn betruebt aus dir hinaus. Der Hund. Hau hau! (Es wird finster.) Rappelkopf (springt auf und schleudert den Stuhl zurueck, auf dem er sass). Und wollte die Welt sich auch gaenzlich verkehren, Und braechte der Galgen die Leute zu Ehren, Und laege die Tugend verpestet am Boden, Und tanzten nur Langaus die Kranken und Toten, Und brauchten die uralten Weiber noch Ammen, Und stuende der Nordpol in gluehenden Flammen, Und schenkte der Wucher der Welt Millionen, Und wuerden so wohlfeil wie Erbsen die Kronen, Und foecht man mit Degen, die ganz ohne Klingen, Und floegen die Adler und fehlten die Schwingen, Und gaebs eine Liebe, gereinigt von Qualen, Und schien' eine Sonne, beraubt ihrer Strahlen: Ich bliebe doch lieber im finsteren Haus Und lachte die Torheit der Menschen hier aus. (Er eilt zurueck und oeffnet die Fensterbalken. Der Wald erglueht im Abendrot, welches auch Rappelkopf bestrahlt. Er blickt duester hinaus und von ferne erschallt der) Chor. So leb denn wohl, du stilles Haus, Wir ziehn betruebt aus dir hinaus. Der Hund. Hau hau! Achzehnter Auftritt (Langsam verwandelt sich die Buehne in ein kurzes Zimmer in Rappelkopfs Hause. In der Mitte ein grosser Spiegel. Tag.) Sophie, von Malchen und August gefuehrt, setzt sich weinend in einen Stuhl. Malchen. Troesten Sie sich, teure Mutter, der Vater wird schon wieder zurueckkehren, wenn er ausgetobt hat. Wie oft verliess er nicht das Haus und lief den Bergen zu. Sopie. Ach Kinder, es ist eine boese Ahnung in meinem Busen, die mir jede Hoffnung raubt, dass wir ihn gesund und wohlbehalten wiedersehen. August. Wenn Sie mir nur erlauben wollten, ihm nachzueilen, ich wollte alle Mittel anwenden, ihn zu besaenftgen. Sopie. O lieber August, Ihr Anblick wuerde ihn nur noch mehr erbittern. Eben weil er Sie hier weiss, ist sein Unmut zur Raserei geworden. Malchen. Da kommt Lischen mit Habakuk, vielleicht hat man schon Nachricht gebracht. (Lischen, eilig Habakuk hereinziehend.) Lischen. Da komm Er herein, Er abscheulicher Mensch, und erzaehl Er der gnaedgen Frau den ganzen Vorfall! Stellen sich Euer Gnaden vor, mit dem Habakuk hat er den letzten Auftritt gehabt. Wegen dem Habakuk ist er fort. Habakuk. So red Sie nur nicht so einfaeltig! Was kann denn ich dafuer? August. Der Mensch ist ja blass wie eine Leiche. Sopie. Warum hat Er denn das nicht gleich gemeldet, wo war Er bis jetzt? Lischen. Auf den Kornboden hat er sich versteckt, aus lauter Angst vor den gnaedgen Herrn. Er hat ihn ja ermorden wollen. Alle. Wen? Lischen. Der Habakuk den gnaedigen Herrn. Alle. Nicht moeglich! Lischen. Nicht moeglich? Er hat es ja selbst gestanden. Sehen Euer Gnaden nur diese Moerderphysiognomie, er bringt noch das ganze Haus um. Habakuk. Ah, das ist ja eine schaendliche Person. Euer Gnaden, ich bitt, dass ich mich an ihr eine halbe Stund vergreifen darf. Das kann ich ja nicht leiden. Lischen. Untersteh Er sich und komm Er her, Er Missetaeter! Malchen. Du wirst dir doch keinen Scherz erlauben, Lischen? Sopie. Sprech Er, Habakuk! Warum zittert Er denn so? Habakuk. Aus lauter Zorn, ich benimm mich gegen alle presence d'esprit, ich war zwei Jahr in Paris, und mir schnappen die Fuess zusammen. August (gibt ihm einen Stuhl). Hier setz Er sich nieder und erklaer Er sich ueber die Sache. Habakuk. Ich kann mich nicht anders erklaeren, als dass ich, wie Euer Gnaden geschafft haben, einen Zichori hab ausstechen wollen, und wie der gnaedige Herr ein Messer bei mir erblickt, so hat er behauptet, ich haett ihn gschwind unter der Hand umbringen wollen. Lasst mich nicht zu Wort kommen, schuettelt mich wie einen Zwetschkenbaum und fragt mich, wer mich geduenget hat. Ich wollt antworten: Die gnaedige Frau braucht einen Zichori. Wer aber diesen Zichori gar nicht aus mir herauslasst, das war er. Denn kaum hab ich das Wort: "Die gnaedige Frau" gesagt, so ist er schon mit beiden Fuessen bis auf den Blavon hinauf gsprungen. Hat immer geschrien, meine Frau will mich ermurden lassen, hat mich einen Habaellino hin, den andern her geheissen, und hat mich mir nichts dir nichts bei der Tuer hinausgepruegelt. Von wo ich mich aus lauter Desperation auf den Kornboden versteckt hab. Bis mich dieses intrigante Frauengeziefer heruntergestoebert hat und jetzt die ganze Gschicht auf eine so verkehrte Weise erzaehlt. Lischen. Er hat einmal behauptet-- Habakuk. Dass Sie eine niedrigdenkende Seele ist, die einen Mann von meinen Meriten ins Unglueck hineinstuerzen will. Sopie. Genug jetzt, mit diesen Albernheiten. Also das ist die Ursache, die meinen Mann in solche Wut geraten liess? Des Mordes haelt er mich verdaechtig? So ungereimt diese Zumutung auch ist, so gibt sie doch einen Beweis, wie gemein er von meinem Charakter denkt. Malchen. Beruhigen Sie sich, liebe Mutter! August. Wer sollte glauben, dass ein gesunder Verstand so phantastisch ausarten koenne? Lischen. Der gnaedge Herr hatte immer etwas Duestres an sich, selbst wie er noch Buchhaendler war, seine Buecher waren immer gut aufgelegt, er aber nie. Habakuk. Er ist ein Hypokontrolist. Er hat zu reizende Nerven. Lischen (lacht). Es ist schrecklich--dieser Mensch war zwei Jahr in Paris und ist so einfaeltig wie eine Auster. Habakuk. Diese Person faellt noch von meiner Hand. Sopie (zu Lischen). Und du hast ihn aus dem Hause laufen sehen? Lischen. Dem Walde zu. Nachdem er vorher die grosse Schlacht gegen alle Moebel gewonnen hatte. Sopie (weint). Ach du lieber Gott, mir bangt um sein Leben, ich kann nicht ruhig bleiben mehr, ich muss selbst hinaus-- August. Bleiben Sie-- Malchen. Ach August, der Alpenkoenig hat uns getaeuscht. August. Ich verwuensche diesen Kobold. (Donnerschlag. Der Spiegel oeffnet sich, man sieht auf einem schroffen Fels den Alpenkoenig sitzen. Im Hintergrunde ferne Berge, blauer Himmel.) Sopie. Himmel, welche Erscheinung! August, Malchen. Er ist es! Sopie. Wer? Habakuk. Der Aschenmann! August, Malchen. Der Alpenkoenig! Lischen. Ach, dass der Himmel erbarm! (Sie schliesst die Augen.) Astragalus. Warum verfluchst du mich? August (kniet). Du Wunderwesen, dessen Macht wir nicht erklaeren koennen und die doch unleugbar, weil sie dem Auge und dem Herzen sich zugleich verkuendet, du hast uns deinen Schutz gelobt. Und doch ward diesem Haus so tiefes Leid, dass ich beinahe fuerchten muss, du koenntest meiner Liebe Glueck durch ihres Vaters Unglueck nur bezwecken. Malchen (kniet). Wenn du die Stelle kennst, auf der sein Fuss jetzt irrt, so rett ihn, hoher Klippenfuerst. Sopie (kniet). Ich verstehe meiner Kinder Worte nicht, doch wenn meines Mannes Herz in deinen Zauberbanden liegt und darum sich von uns gewendet hat, so gib es frei, wir werden dich dafuer stets als ein gutes Wesen ehren. Lischen (kniet). Hoher Alpenkoenig! Ich traue mich zwar nicht, mein Auge zu dir zu erheben, warum? das weiss ich schon. Aber wenn du ein galanter Herr bist, so wird auch die Bitte einer huebschen Kammerjungfer etwas bei dir gelten. Habakuk (kniet). Ich bitt auch ganz erschrecklich, Euer gesteinigte Hochheit! Astragalus (steht auf). Ich dacht es wohl, es wandle euch Besorgnis an, Weil mein Geschaeft so ueblen Anfang nimmt. Doch sorgt euch nicht, ich bin ein kluger Handwerksmann, Der seinen Vorteil schon voraus bestimmt. Denn wenn man sproedes Erz geschmeidig sucht zu biegen, So lasse man es in des Ofens Bauch ergluehn. Und so muss sein Gemuet in Hassesflammen liegen, In wilder Leidenschaft die Seele Funken spruehn, Dann kann ich seinen Wahn durch Ueberzeugung schmieden Und seiner Denkart ihre alte Form verleihn. Von selbst schliesst mit der Menschheit er dann neu den Frieden Und wird sein Wirken freudig ihrem Wohle weihn. Drum, was ihr Boeses moegt in baldger Zukunft schauen, Wenn ihr bei naechster Sonne wieder ihn erblickt, Doch moegt ihr kuehn und treulich auf mein Wort vertrauen, Noch eh sie sinkt, hat Alpenkoenig euch beglueckt. (Sinkt in seine fruehere Stellung zurueck. Das Spiegelglas erscheint wieder.) Sopie. So unerklaerbar dieses Phantom mir ist, so hat es doch Trost in meine Seele gesendet. Begleitet mich nach dem Gemach, das uns die Aussicht nach dem Wald hin bietet, vielleicht sehen wir schon einige von den Boten zurueckkehren, welche ich nach meinem Manne ausgesendet habe. Dort sollt ihr mir auch Aufklaerung ueber den Alpenkoenig geben. (Sophie, Malchen, August ab.) Neunzehnter Auftritt Habakuk. Lischen. Habakuk. Nein, was einem in unserm Haus fuer Erscheinungen begegnen, das geht in das Entsetzliche hinueber. (Stellt sich vor Lischen.) Lischen. Nu was gibts, Monsieur? Was sieht Er mich so an? Habakuk (gezogen). Sie hat mich auf das Schafott bringen wollen, darum hab ich Ihr in dieser Welt nichts mehr zu sagen, als-- Lischen. Dass Er zwei Jahre in Paris gewesen ist, Er abgeschmackter Mensch? Habakuk. Oui, Mademoiselle, und dieses Bewusstsein gibt mir die Kraft, Ihre Gemeinheit zu verachten. (Geht pathetisch ab.) Lischen (allein). Und ich werde mich in des gnaedgen Herrn Zimmer verfuegen und mich in den zerbrochenen Spiegel schauen, ob ich meine ganze Schoenheit noch besitze. Dann werde ich die zerrissenen Liebesbriefe zusammenkehren und diese mit Fuessen getretenen Empfindungen ganz langsam in den Kamin hineinschaufeln. So sind die Maenner, ihre Liebesschwuere sind lauter Wechsel an die Ewigkeit, in diesem Leben zahlt sie keiner aus. Wenn ich wieder auf die Welt komme, so werd ich ein Mann und will gar keine von meinen jetzigen Eigenschaften behalten als die Eroberungskunst. Ariette Ach, wenn ich nur kein Maedchen waer, Das ist doch recht fatal, So ging' ich gleich zum Militaer Und wuerde General. Oh, ich waer gar ein tapfrer Mann, Bedeckte mich mit Ruhm! Doch ging' die Kanonade an, So machte ich rechtsum. Nur wo ich schoene Augen saeh, Da schoess ich gleich drauf hin. Dann trieb' ich vorwaerts die Armee Mit wahrem Heldensinn. Da floegen Blicke hin und her, So feurig wie Granaten. Ich sprengte vor der Fronte her, Ermutigt die Soldaten. Ihr Krieger, schrie' ich, gebt nicht nach! Zum Sieg sind wir geboren, Wird nur der linke Fluegel schwach, (aufs Herz zeigend) So ist der Feind verloren. So wuerde durch Beharrlichkeit Am End der Preis errungen Und Hymens Fahn in kurzer Zeit Von Amors Hand geschwungen. Dann zoeg ich ein mit Sang und Spiel, Die Mannschaft parodierte. Waer auch der Lorbeer nicht mein Ziel, So schmueckte mich die Myrte. So nuetzte ich der Kriegskunst Gab, Eroberte--ein Taeubchen. Dann dankt ich die Armee schnell ab Und blieb' bei meinem Weibchen. (Ab.) Zwanzigster Auftritt Verwandlung Tiefer Wald. Rechts vorne die Koehlerhuette. Eine Tuer, neben dieser ein Fenster, auf dem Dache ein praktikables Bodenfenster. Dieser Huette gegenueber ein grosser Eichbaum. Hinter diesem ein Gebuesch. Im Hintergrunde ein kleiner Wasserfall. Es ist spaet am Abend. Rappelkopf mit einem Wasserkrug aus der Huette. Er hat eine berusste Schlafmuetze des Koehlers und einen runden Bauernhut auf dem Kopfe und eine Jacke von ihm an. Rappelkopf. So!--Der Timon ist fertig, nun fehlt nur noch sein Kompagnon, der Esel--und wenn ich der auch jetzt nicht bin, so war ichs doch--ich war zu gut, das ist mein groesster Fehler. Die Leute wollen es nicht. Es gibt manche Menschen, wenn ihnen einer begegnet, der ihnen noch so viele Wohltaten erwiesen hat, so sagen s' hoechstens zu einander: Oh, das ist ein guter Kerl, der tut kein Menschen was, der ist froh, wenn man ihm nichts tut. (Gleichgueltig gruessend.) Servus! Servus! Lassen wir ihn leben. Wenn aber einer kommt, von dem sie glauben, dass er ihnen schaden koennt, da stossen s' einander: Oh! das ist ein boeser Kerl, vor dem muss man sich in acht nehmen. (Freundliches tiefes Kompliment.) Taenigster Diener! Taenigster Diener! hab ich die Ehr, mein Kompliment zu machen. Wann der anfangt, der kanns. Gleich wieder: Taenigster Diener! Oh, es wird mich noch zum Wahnsinn bringen. In meinem Haus bin ich nicht sicher mehr, mein Weib will mich ermorden lassen. Habt ihrs gehoert, ihr verfolgten Staemme dieses edlen Waldes, die der Mensch gar zu zweifachem Tod bestimmt, weil euch die Axt erst faellt und man euch dann noch hinterdrein verbrennt? Habt ihrs gehoert? Mein Weib will mich ermorden lassen! Ist denn der Wald so echolos, dass ich der einzge bin, der diese Schandtat ausposaunt? (Geraeusch in den Blaettern.) Ha! wer ruehrt sich da? ist es ein Mensch, so soll er hervorkommen, damit ich meinen ganzen Vorrat von Impertinenzen in sein Antlitz werfen kann. Heraus da, wer ist hier? Qui vive? Ein Stier (streckt aus dem Gebuesche, hinter dem er gefressen, seinen Hals gegen Rappelkopf und bruellt sehr stark.) Ohn! (Man sieht ihn jedoch nur bis an die Brust, der Unterleib ist durch das Gebuesch verdeckt.) Rappelkopf (verbluefft). Diese Antwort hab ich nicht erwartet. (Reisst einen Baumast ab und jagt den Stier fort.) Gehst hinaus! Eine solche Gesellschaft moecht ich mir noch ausbitten. Einundzwanzigster Auftritt Voriger. Astragalus tritt hervor. Astragalus. Du verdienst keine bessere. Warum verfolgst du diesen Sohn meiner Herde? Rappelkopf. Gib der Herr auf seine Kinder besser acht. Hier ist mein Territorium, und da leid ich weder etwas Vierfuessiges noch etwas Zweifuessiges. Also weiter, Vater und Sohn! Astragalus. Du irrest, wenn du waehnst, dass du auf eignem Boden herrschest. Mein ist das Tal, in dem die Alpe wurzelt. Drum frag ich dich, wie du es wagst, schamlose Flueche auszuhauchen hier, dass sie wie giftger Reif an diesen Blaettern hangen, und eine Welt zu schmaehn, in der du Wurm, aus Schlamm gezeugt, in eines Waldes dunklem Busen dich verkriechst, weil du den Strahl des heitren Lebens fuerchtest? Rappelkopf. Was kuemmerts dich? (Beiseite.) Der Kerl sieht aus, als wenn er von Gusseisen waer. Dem geh ich gar keine Antwort, den lass ich stehen. (Will in die Huette.) Astragalus (zielt auf ihn). Halt an! Gib Leben oder Worte! Rappelkopf. Was ist das fuer eine Art, auf einen Menschen zu schiessen? Astragalus. Du bist kein Mensch. Rappelkopf. Nicht? Das ist das Neuste, was ich hoere. Astragalus. Du hast dich ausgeschlossen aus der Menschen Kreis. Gib Losung, ob du es noch bist. Bist du gesellig wie der Mensch? Du bist es nicht. Hast du Gefuehl? Du fuehlst nur Hass. Hast du Vernunft? Ich finde keine Spur. Rappelkopf. Impertinent! Astragalus. Drum sprich, zu welcher Gattung ich dich zaehlen soll, der du des Tieres unbarmherzge Roheit mit dem milden Ansehn und der Sprache eines Menschen paarst. Rappelkopf. Ah, das ist eine gute Geschichte, der fuehrt einen logischen Beweis, dass ich ein Tier bin und noch dazu eins von der neuesten Gattung. Astragalus. Was hast du zu erwidern mir? Rappelkopf (beiseite). Ich wollt ihm schon etwas erwidern, wenn er keine Flinten haette. Astragalus. Antwort gib, ob du in meine Jagdbarkeit gehoerst und meiner Kugel bist verwandt? Rappelkopf (beiseite). Jetzt muss ich vor dem eine Rechenschaft ablegen, und ich moecht ihn lieber massakrieren. (Laut.) Die Flinte weg. Ich bin ein Mensch, und das ein besserer, als ich sein haett sollen. Astragalus. Und warum hassest du die Welt? Rappelkopf. Weil ich hab blinde Maeusl gespielt mit ihr, die Treue hab erhaschen wollen und den Betrug erwischt, der mir die Binde von den Augen nahm. Astragalus. Dann musst du auch dem Wald entfliehen, weil er missgestalte Baeume hegt, die Erde meiden, weil sie giftge Kraeuter zeugt, des Himmels Blau bezweifeln, weil es Wolken oft verhuellen, wenn du den Teil willst fuer das Ganze nehmen. Rappelkopf. Was nuetzt das Ganze mich, wenn mich ein jeder Teil sekkiert. Ich bin in meinem eignen Haus des Lebens nicht mehr sicher. Astragalus. Machs mit dem Misstraun aus, das dich belogen hat. Rappelkopf. Mich hasst mein Weib, mich flieht mein Kind, mich richten meine Dienstleut aus. Astragalus. Weil dein Betragen jeden tief erbittert, weil du den Hass verdienst, den man dir zollt. Rappelkopf. Das ist nicht wahr, ich bin ein Mensch, so suess wie Zuckerkandel ist. Nur mir wird jede Lust verbittert, und ich trage keine Schuld. Astragalus. Die groesste, denn du kennst dich selber nicht. Rappelkopf. Das ist nicht wahr. Ich bin der Herr von Rappelkopf. (Es faengt an, Nacht zu werden.) Astragalus. Das ist auch alles, was du von dir weisst. Doch dass du stoerrisch, wild, misstrauisch bis zum Ekel bist, vom Starrsinn angetrieben, hin bis an der niedern Bosheit Grenze, und wie die ueblen Eigenschaften alle heissen, die du fuer Vorzug deines Herzens haeltst, das ist dir unbekannt, nicht wahr? (Der Mond geht auf.) Rappelkopf. Mir ist nur eins bekannt, dass du ein Luegner bist, der eine Menge Fehler mir andichtet, die ich doch nicht hab. Astragalus. So geh die Wette ein, dass du weit mehr noch hast. Ich fuehre den Beweis, wenn du dich meiner Macht vertraust und mir gelobst, dass du dich aendern willst. Rappelkopf. Das haett ich lang getan, wenn ich das gefunden haette. Ich vertrau mich keinem Menschen an, Betrug ist das Panier der Welt. Astragalus. Glaubst du, die Welt sei darum nur erschaffen, damit du deinen Geifer auf ihr Wappen speien kannst? Die Menschheit hinge nur von deinen Launen ab? Dir duerften andre nur, du andern nicht genuegen? Bist du denn wahnsinnig, du uebermuetger Wurm? Rappelkopf. Sapperment, nicht lang per Wurm, das Ding fangt mich zu wurmen an. Ich gib nicht nach, du bankrottierter Philosoph! Ich bin zu gut, und du zu schlecht, als dass ich laenger mit dir red. Drum fort mit dir, der Mond geht auf, und du gehst ab, und kuenftighin werd ich in meiner Huetten mich verschanzen und herunterstukatieren, wenn sich eins sehen laesst. Astragalus. So willst du nicht die Hand zur Bessrung bieten? Rappelkopf. Ich biete nichts, und wenn mir's Wasser bis an Hals auch geht. Astragalus. Wohlan! So lass uns den Versuch beginnen. Weil nicht Vernunft kann dein Gemuet gewinnen, Soll Geistermacht zu deinem Glueck dich zwingen, Und mit dem Alpenkoenig wirst du ringen. Vermeid dies Haus! Sonst tritt auf allen Wegen Vergangenheit dir leichenblass entgegen. Und willst du Elemente Brueder nennen, Lern ihre Wut und ihre Schrecken kennen. Der Blitz soll deines Hauses Dach umarmen, Dann kann dein Herz an Freundesbrust erwarmen. Weil du die Luft willst statt der Gattin kuessen, Soll dich des Sturmes Angstgeheul begruessen. Der Boden soll dich Halbmensch nimmer tragen, Dann magst du ueber Erdenundank klagen. Und dass du mit den Wellen dich kannst streiten, Will ich die Flut dir bis zur Kehle leiten. So soll dich Feuer, Wasser, Luft und Erd betruegen. Dann waehl, ob du dich willst in meinen Vorschlag fuegen. Und wirst du liebend nicht dein Herz zur Menschheit wenden, So sollst du wildes Tier in Waldesnacht hier enden! (Rasch ab.) Rappelkopf (allein). Das ist ein schrecklicher Kerl. Und ich tu doch, was ich will. Just! Du sollst mich nicht um meinen Schlaf heut bringen. Gute Nacht, Freund Wald, ihr Eicheln, lebet wohl, zum Fruehstueck finden wir uns wieder. (Will gegen das Haus. Beim Oeffnen der Tuer sitzt Victorinens Geist auf einem Stuhl. Sie ist in blaue Schleier gehuellt und sieht gespensterartig aus. Ihr Gesicht ist bleich und die ganze Gestalt von einem gruenen Schirm beleuchtet. Sie spricht mit halblauter Stimme.) Victorinens Geist. Wo bleibst du denn so lang, du liederlicher Mann? Und kommst so spaet erst in der Nacht nach Haus. Gehst gleich herein, mir wird schon angst allein, Sonst rauf ich alle Haar dir aus. Rappelkopf. Himmel! das ist mein erstes Weib, die erkenn ich, weil sie die Herrschaft noch im Grab behauptet. Da bringt mich niemand bei der Tuer hinein. Die hat den Satan in den Leib. Wenn nur das Fenster offen waer! (Es donnert.) Jetzt fangts zum donnern an. (Am Fenster zeigt sich, ebenso wie Victorinens, Wallburgas Geist und sieht heraus.) Wer schaut denn da heraus? Wallburgas Geist (mit hohler Stimme). Ich bins, du falscher Mann, du Ungetreuer du! Warum hast du nach mir jetzt schon das zweite Weib? Und ich hab dich so lieb, hab selbst im Grab kein Ruh, Ich schau kein andern an, kann ohne dich nicht leben. Drum komm herein, ich muss dir Kuesse geben. Rappelkopf (erschrickt). Entsetzlich! Schaudervolle Nacht, zeigst du mir auch die zweite noch, die sich durch Eifersucht verraet? Sie modert schon und will nicht leben ohne mich. Welch schreckenvolle Lag! Es rieselt kalt durch mein Gebein. (Es blitzt.) Der Donner bruellt, die Blitze leuchten fuerchterlich. Koennt ich doch nur durchs Dach ins Haus! Mut! ich versuchs. (Er steigt hinauf. Waehrenddessen erscheint Emerentias Geist, auf dem Dach sitzend. Rappelkopf erschrickt.) Weh! Hier die dritte noch, dem Kirchhof ungetreu wie mir! (Will fort.) Emerentias Geist. Wo willst du hin? Du darfst nicht fort. Du musst den Mond mit mir betrachten. (Der Mond verwandelt sich in ein weissumschleiertes Geisterhaupt, das aus den Wolken sieht.) Sieh hin, das bleiche Antlitz dort, Es ist das Bild von deiner jetzgen Frau. Sie weint! Schau hin! Schau! Schau! Rappelkopf. Jetzt grinst mich auch die vierte an. O teuflisches Quartett! Mich wuergt die Angst! Ha! lass mich fort! Mich wandelt Ohnmacht an. Rachsuechtge Hoelle, warum hast du das getan? Ich bleib nicht da. Ich muss hinab. (Springt ueber das Dach.) O Himmel, sei gedankt! dass deine Erd mich wieder traegt. Doch, was beginn ich nun? (Der Sturm heult.) Der Sturm heult immer schrecklicher. Es giesst, und doch verschwinden nicht die graesslichen Gestalten. (Regen stroemt herab.) Nun platzt ein Wolkenbruch! ich rette mich auf diesen Baum, sonst reisst die Flut mich fort. (Er steigt auf den Baum. Die Weiber verschwinden, es schlagt in die Huette ein, sie steht in hellen Flammen.) Wenn das so fortgeht, bricht die Welt in Truemmer. (Die Huette brennt fort. Heftiger Regen, Sturmgeheul und Donner. Die Wasserflut schwillt immer hoeher, bis sie Rappelkopf, der sich auf den Gipfel des Baumes rettet, bis an den Mund steigt, so dass nur die Haelfte seines Hauptes mehr zu sehen ist.) Zu Huelfe, zu Huelfe! ich ersauf! Astragalus(faehrt schnell in einem goldnen Nachen bis zu seinem Haupt und spricht). Was bist du nun zu tun gesonnen? Rappelkopf (voll Angst). Ich will mich bessern, ich sehs ein, weil mir das Wasser schon ins Maul 'nein lauft. Astragalus. So fuehr ich dich nach meinem Schloss. Schnelle Verwandlung Der Nachen verwandelt sich in zwei Steinboecke mit goldenen Hoernern. Der Baum, auf dem Rappelkopf steht, in einen schoenen Wolkenwagen, in dem sich der Alpenkoenig und Rappelkopf befinden. Das Wasser verschwindet. Das ganze Theater verwandelt sich in eine pittoreske Felsengegend, die Teufelsbruecke in der Schweiz vorstellend, auf welcher Kinder, als graue Alpenschuetzen angekleidet, Boeller losfeuern, waehrend der Wolkenwagen ueber die Buehne faehrt. Zugleich von innen: Chor. Geendet ist die Geisterschlacht, Die Sonne strahlt durch finstre Nacht. Der Alpenkoenig hat gesiegt, Seht, wie er hin zum Ziele fliegt. Zweiter Aufzug Erster Auftritt Thronsaal im Eispalaste des Astragalus, mit hohen Saeulen geziert, die silberartig erglaenzen. Im Vordergrunde ein hoher Thron von pittoreskem Ansehen, als waere er aus unregelmaessigem Eis geformt. Auf ihm Astragalus als Alpenkoenig. Eine lange lichtblaue weissgestickte Tunika, weiten griechischen Mantel. Weissen Bart, auf dem Haupte eine smaragdene Krone. Vor ihm knien im Kreise ideal gekleidete Alpengeister. Weisse kurze Tunika, mit gruenen Folioblaettern garniert. Chor. Hehr zu schauen auf dem Throne Bist du, Fuerst der Alpenflur, Denn dich schmueckt der Tugend Krone, Du vertilgst des Lasters Spur. Astragalus (steht auf und spricht). Auf des Thrones eisgen Stufen Horcht ich gern noch eurem Chor. Doch lasst uns den Fremdling rufen, Denn die Zeit tritt mahnend vor. Alpanor. Lange steht er schon bereitet In der Halle vor dem Saal. Auch ist er schon angekleidet, Wie dein Wink es uns befahl. Astragalus. Hoehnt ihn aus, wenn er erscheint. (Rappelkopf in einem drapfarben Reiseueberrock, gleichen Gamaschen mit silbernen Knoepfen, schwarzem Haar, etwas hoher Stirne, wird hereingebracht.) Ein Alpengeist. Fuerst, hier ist der Menschenfeind. (Alle lachen.) Rappelkopf. Nun? Was ist da Spassigs dran? Alpanor. Weisst du wohl, warum sie lachen? Unter einem Menschenfeind Dachten sie sich einen Drachen, Der als grimmer Ries erscheint. Und nun sehn sie einen Zwergen, Wer soll 's Lachen da verbergen? Von dem Unsinn musst du lassen, Freund, das ist ja ganz verkehrt. Du willst alle andern hassen? Und bist selber nicht viel wert. Rappelkopf. Versteht sich. Du wirst mir sagen, was ich zu tun hab. (Fuer sich.) Verdammtes Hexenvolk! Astragalus. Du bist die Wette mit mir eingegangen, du wollest dein Gemuet in edleres verkehren, wenn du die Fehler deines jetzigen erkennst. Rappelkopf. Das hab ich gsagt im Angesichte von vier Zeugen: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Nun gib mir Ueberzeugung, oder lass mir Ruh in meinem Wald. Astragalus. So hoer mich an. Damit du kannst in solchem Seelenspiegel schauen, so will ich deinen Geist aus deinem Leib entfuehrn und ihn in eines neuerschaffnen Koerpers Haus verbannen. Rappelkopf. Das will sagen, mein Geist wird von einer Bouteille in die andere hinuebergefuellt, das ist schon nichts, da kann schon eine Spitzbueberei geschehen, bei dieser Fuellung muss ich dabei sein. Da kann er ausrauchen, oder verwechselt werden. Ich traue niemand mehr. Astragalus. Er wird es nicht. Ich schwoer es bei des Chimborassos eisgekroentem Haupte. Du wirst dein Denken, Wollen, Handeln, Fuehlen genau in eines andern Bild erblicken. Rappelkopf. Und was gschieht dann mit mir, geh ich so ohne Seel herum, oder bekomm ich wo eine andere zu leihen? Astragalus. Du wirst als Bruder deiner Frau erscheinen. Rappelkopf. Diese Verwandtschaft haett ich mir nie traeumen lassen. Astragalus. Doch ganz die Kraft der eigenen Gesinnungen behalten. Rappelkopf. Das heisst, ich werde aussehn wie mein Schwager und denken, was ich will. Astragalus. So ists. Dadurch kannst du dich ueberzeugen, wie gegen dich dein Weib, dein Kind und der von dir gehasste Maler denken. Doch dass du auch an deinem Ebenbild den hoechsten Anteil nimmst und dich in ihm genau ergruendest und betrachtest, so haengt dein kuenftig Schicksal ganz von dem freien Handeln dieses Doppelgaengers ab. Und was zu deinem Nutzen oder Nachteil wird durch ihn in deinem Haus geschehn, das wird, wenn er verschwindet, unveraenderlich dir bleiben. Rappelkopf. Also wenn er mir mein Haus verkauft, kann ich nachher auf der Strasse wohnen? Ah, das ist eine schoene Einquartierung. Astragalus. Auch ist dein Leben selbst an seines festgebunden, und wenn er es verliert, solang er statt dir lebt, stirbst du mit ihm und wirst durch ihn erkranken auch, wenn es der Zufall fuegt, dass ihm ein boes Geschick Gesundheit raubt. Rappelkopf. Zwei Menschen und nur ein Leben! Jetzt fangt sogar die Natur zum oekonomisiern an. Da hats der Tod kommod, der nimmt s' gleich Paar und Paar. Nun gut, so lass denn sehen, was deine Taschenspielerei vermag. Der Prozess ist eingeleitet. Ein unendlich verwickelter Fall, der wird in hundert Jahren nicht aus. Also was gschieht denn jetzt? Hab ich noch meinen Geist, oder hat ihn schon ein anderer? Bin ich schon mein Schwager, oder bin ich noch der Schwager meines Schwagers? Astragalus. Es wird dich jeder fuer den Bruder deines Weibs erkennen. Darum hab ich in deinem Aeussern dich gestaltet so wie ihn. Ihr Alpengeister, fuehrt ihn fort und bringt ihn an des Berges Fuss. Dort werdet ihr ein leichtberaedert Fahrwerk finden, zwei ruestge Maultier vorgespannt, mit Staub bedeckt, als kaemen sie von weiter Reise aus dem Land der welschen Glut. Sie bringen schnell ihn vor sein Schloss, dort werde seinem Uebermut Beschaemung, Ueberzeugung, Strafe. Rappelkopf. Nun gut, so will ich dies Asyl der Falschheit noch einmal betreten. Ich geh und uebergeb dir meinen Geist, von dem ich weiss, dass er so wenig Fehler hat, als die Donau Linienschiffe traegt, als Eicheln auf dem Kirschbaum wachsen und blondes Haar in deinem grauen Bart. (Ab mit den Alpengeistern, nur Alpanor bleibt zurueck.) Astragalus. Sein Starrsinn ists, der mich zu festen Hoffnungen berechtigt, denn hat er sich erkannt, wird ihn mit gleicher Heftigkeit der Trieb zur Besserung erfassen, als seine kraeftge Phantasie den Wahn des Hasses jetzt umklammert haelt. Alpanor! Hast du den Bruder seines Weibs zurueckgehalten, dass er nicht heute morgens schon von seiner Reise in des Menschenfeindes Schloss eintrifft? Alpanor. Es geschieht in diesem Augenblick. Der Alpengeist Linarius leitet seiner Pferde Zuegel und setzt ihn aus in einer wuesten Felsengegend, so lang, bis, grosser Alpenkoenig, du die Ankunft ihm erlaubst. Astragalus. Und ich will scheinbar mich in ihn verwandeln (er verwandelt sich in Rappelkopfs Gestalt in seiner ersten Kleidung) Und so durch Trug zu seinem Besten handeln. Wie auf des Schlosses Dache die metallne Spitze Das Haus bewahret vor der Wut der Blitze, Will ich den Hass, den er sich gen die Welt erlaubt, Herniederleiten auf sein eignes Haupt. Dort mag die Donnerwolke sich entleeren Und Glut durch Glut hellflammend sich verzehren, Bis aus der Asche wird zum neuen Leben Die Liebe gleich dem Phoenix sich erheben. (Beide ab.) Zweiter Auftritt Verwandlung Wilde Felsengegend. Im Hintergrunde ein hoher praktikabler Fels, welcher von der rechten Kulisse aber zwei Dritteil der Buehne bis ohngefaehr zwei Schuh weit von der linken sich erstreckt und in einem steilen Abhang endigt. Auf ihm ist eine gedeckte Reisekalesche mit zwei Schimmeln sichtbar. Die Pferde stehen schon ganz an dem Abhange des Felsens. Auf dem Sattelpferde sitzt der Alpengeist Linarius, als Postillion gekleidet. Im Wagen Herr von Silberkern, so gekleidet wie Herr von Rappelkopf zu Anfange des zweiten Aktes. Er droht mit einem Stock dem Postillion und schreit heftig. Silberkern. Halt! Halt! Was treibt Er denn, Er verwuenschter Kerl, ich bin ja des Todes, wo fuehrt Er mich denn hin? Linarius. Geduld, mein Herr, wir werden gleich am Ziele sein. Silberkern. Das ist ja keine Moeglichkeit, der Kerl ist besoffen wie eine Kanone, er muss glauben, da unten ist ein Weinkeller. Ich massakrier Ihn, Er verflixter Lumpenhund. Was treibt Er denn mit Seinen gottverdammten Schimmeln? Linarius. Ich habe meine Pferde ausgespannt. Silberkern. Untersteh Er sich, Er infamer Mensch! wir stuerzen ja hinab. Linarius. Wer wird denn da viel Spruenge machen? das Trinkgeld ist mir ein fuer allemal zu schlecht. Adieu, mein Herr! Silberkern. Wo will Er denn hin? Linarius. Ich reite durch die Luft-- (Die Pferde bekommen Fluegel. Linarius erhebt sich mit ihnen bis in die halbe Hoehe des Theaters. Der Wagen bleibt stehen, zugleich faellt der hintere Teil des Felsens herab, und nur das Stueck, worauf die Kutsche ist, bleibt stehen.) Du bleibst zurueck auf diesem Fels und geniessest hier die Luft. Zur rechten Zeit spann ich die Pferde wieder vor. Dann bitt ich mir ein tuechtig Trinkgeld aus. Bis dahin lebe wohl und unterhalt dich gut. Juhe! Zum Alpenkoenig heisst das Posthaus hier. Ihr Schimmel, hi! stosst euch an keinen Stein! Lebt wohl, Herr Passagier, und bleibt mir fein gesund! (Fliegt fort und blast das Posthorn dabei.) Silberkern. Verdammter Hexenspuk! Der Kerl fliegt herum wie eine Fledermaus. Flieg zum Geier, falscher Rabe! Ich brauche deine Pferde nicht. (Er will heraussteigen.) I potz Hagel, was ist das? Ich kann ja nicht heraus. Der Wagen haengt ja in der Luft. Das ist ja aufs Verhungern abgesehen. Verflixter Kerl, komm zurueck! Es ruehrt sich nichts, ich sehe keinen Menschen, nicht einmal Ochsen weiden hier. Ich bin der einzge in der ganzen Gegend. (Schreit.) Hoert mich denn niemand? Echo. Niemand--(Entfernter.) Niemand--Niemand--Nieman-- Silberkern (stampft mit dem Fusse). Ich ersticke noch vor Zorn-- (Der Fels, auf dem der Wagen steht, oeffnet sich wie eine Hoehle und in ihr sind eine Menge kleine Alpengeister aufeinanderkauernd gruppiert, welche mit schadenfroher Miene aus vollem Halse lachen. Auch aus den Gebueschen, welche um den Fels angebracht sind, sehen einige schelmisch hervor.) Alpengeister. Hahahahaha! Silberkern (schnell, raesonierend, mit dem Stock herumfechtend). O du Geistergesindel, du unsichtbares Lumpengepack, komm herauf zu mir, ich schlag dich tot. Das ist eine verflixte Geschichte. (Neues Lachen und schnelles Vorfallen der Kurtine, welche ein Zimmer in Rappelkopfs Hause vorstellt.) Dritter Auftritt Mehrere Dienstleute stuerzen auf die Buehne. Sophie von der Seite. Sopie. Wo, wo ist mein Bruder? Dienstleute. Er koemmt soeben die Treppe herauf. Hier ist er schon. Sopie. Holt Herrn von Dorn und meine Tochter. Das Gepaecke in das gruene Zimmer. Vierter Auftritt Vorige. Rappelkopf stuerzt herein. Sopie (faellt ihm um den Hals). O mein Bruder, mein geliebter Bruder! (Bleibt an seiner Brust.) Rappelkopf (fuer sich). Entsetzlich! Diese Natter liegt an meiner Brust. Sie kennt mich wirklich nicht. Nimm dich zusammen, Rappelkopf! (Freundlich.) Endlich seh ich dich wieder, liebe Schwester. (Beiseite.) Ich kann s' nicht anschaun. (Wieder freundlich.) Wie gehts dir denn, du liebe Schwester du? Sopie. Ach Bruder, mir geht es sehr uebel. Rappelkopf (beiseite). So? Da gschieht dir recht. Sopie. Was sagst du, lieber Bruder? Rappelkopf. Dass ich dich recht bedaure, und zwar auf eine ganz besondere Art. Denn ich weiss alles, liebe Schwester, dein Mann ist ein schaendlicher Mensch. Sopie. Das ist er nicht, lieber Bruder, aber ein ungluecklicher Mensch. Rappelkopf (beiseite). Viper! Sopie. Wenn du wuesstest, wie sehr ich mich nach dir gesehnt habe, um mein Herz vor dir auszuschuetten! Rappelkopf. So schuett es aus, liebe Schwester! (Beiseite.) Da erfahr ich etwas. Schuetts aus! Sopie. Aber du wirst ermuedet sein von der Reise? Rappelkopf. Nur meine Fuess sind muede, meine Ohren nicht. Sopie. So setz dich, lieber Bruder. (Sie setzt Stuehle.) Rappelkopf. Ich dank dir, liebe Schwester. (Setzt sich.) Fatale Situation! Sopie. Meine Tochter und ihr kuenftiger Braeutigam werden sogleich erscheinen. Rappelkopf (faehrt wild auf). So? (Fasst sich und sagt ploetzlich mit freundlichem Laecheln.) Wird mir eine unendliche Ehr sein. Sopie. Du bist so sonderbar, lieber Bruder. Was ist dir denn? Rappelkopf. Verschiedenes. Die Reise, dein Anblick, es ist alles so ergreifend fuer mich. Sopie. Ich danke dir. Du bist ein Bruder, wie man keinen mehr finden wird. Rappelkopf (beiseite). Der Meinung bin ich selbst. Sopie. Fuenf Jahre bist du abwesend. Die Ursache meines Ungluecks wird dir schon aus meinen Briefen bekannt sein. Rappelkopf. Ich weiss, du hassest deinen Mann. Sopie. Was faellt dir ein! Wo gaeb es eine Frau, die ihrem Manne mehr zugetan waere, als ich dem meinigen! Rappelkopf. Wirklich? (Beiseite.) Was man fuer Neuigkeiten erfaehrt! Sopie. Wenn du nur die Geduld haettest sehen koennen, mit welcher ich seine Launen ertrug, die Sanftmut, mit der ich ihn behandelte. Rappelkopf. Ja, das haett ich sehen moegen. (Beiseite.) Es ist zum Durchgehn, wie sie luegt, ich bin schon voellig blau auf dieser Seite. Sopie. Und alles dies hat seinen ungerechten Menschenhass nur noch vermehrt. Rappelkopf. Aber warum hasst er denn die Menschen, er muss doch eine Ursache haben? Sopie. Weil er ein Narr ist, der sie verkennt. Rappelkopf (beiseite). Ich bedank mich aufs allerschoenste. Sopie. Und doch lieb ich ihn so zaertlich-- Rappelkopf. Diesen Narren? o naerrische Lieb! (Beiseite.) Es ist zum Teufelholen! Sopie. Und muss die Angst ausstehen, ihn seit gestern zu vermissen. Rappelkopf. Ja wo ist er denn? Sopie. In einem Anfall von Wahnsinn zerschlug er alle Moebel, glaubte, der Bediente wolle ihn ermorden, und rannte wuetend aus dem Hause. Rappelkopf. Nun er wird schon wieder zurueckkommen. Sopie. Nein, das wird er nicht. Was er beschliesst, vollfuehrt er auch. Rappelkopf (beiseite). Sie kennt mich doch. (Laut.) Aber wie ist er denn auf den Gedanken gekommen, dass man ihn ermorden will? Sopie. Auf die unsinnigste Weise von der Welt. Ich befahl meinem einfaeltigen Bedienten, er sollte nach dem Garten gehen und Zichorien ausstechen, und das Messer in seiner Hand laesst meinen unglueckselgen Mann glauben, er wolle ihn ermorden. Rappelkopf. Zichorien hat er ausstechen wollen? Sopie. Ei freilich. Rappelkopf (beiseite). Das ist nicht moeglich, oder ich waer der einfaeltigste Mensch, den die Sonne noch beschienen hat. (In Nachdenken versunken.) Zichorien hat er ausstechen wollen? Sopie. Warum ergreift dich das so? Rappelkopf (gleichgueltig). Weil mir der Kaffee einfaellt, den ich im letzten Wirtshaus getrunken hab. Der war auch mit Zichorien vergiftet. Sopie. Was soll ich nun beginnen, lieber Bruder? Rappelkopf. Lass den Narren laufen! Sopie. Das kann dein Ernst nicht sein. Er ist mein Mann, und ich werd ihn nie verlassen. Rappelkopf (schnell). Ist das wahr? Sopie. Gewiss. Rappelkopf (unwillkuerlich erfreut, beiseite). Sie ist doch nicht gar so schlecht. (Wieder veraendert.) Aber schlecht ist sie doch. Sopie. Ach Bruder! (Sinkt an seine Brust.) Wenn mein Mann imstande waere, sich ein Leid anzutun! (Weinend.) Ich haette mir nichts vorzuwerfen, aber ich koennte diesen Vorfall nicht ueberleben. Rappelkopf. Das Weib martert mich, ich schwitz schon im ganzen Leib. Und sie weint wirklich, mein ganzes Schapodl ist nass. Aber ich glaub ihr nicht, die Weiber koennen alles. (Laut.) Beruhige dich nur, liebe Schwester, es kommt jemand. Fuenfter Auftritt Vorige. August. Malchen. Malchen. Ist es wahr, ist der Onkel angekommen? (Sieht ihn.) Ach liebster, bester Onkel! mit welcher Sehnsucht haben wir Sie erwartet. Rappelkopf. Die ist so falsch wie ihre Mutter. Malchen. August, komm doch her. Rappelkopf (erschrickt). Wer? August (hervortretend). Bester Herr von Silberkern--(will auf ihn zu.) Rappelkopf (faehrt zurueck). Himmel, wer bringt dies Bild vor meine Augen? Sopie. Was ist dir, lieber Bruder? Malchen. Aber Onkel! Rappelkopf (beiseite). Ich muss mich fassen, damit ich allen auf den Grund komme. (Laut, mit Zwang.) Verzeihen Sie mir, mein Herr, sein Sie mir willkommen. August. Erlauben Sie, Herr von Silberkern--(Tritt naeher.) Rappelkopf (faehrt wieder auf). Nein, es ist nicht moeglich--Drei Schritt vom Leib! (Beiseite.) Vergiften koennt ich den Verfuehrer! August. Was soll ich davon denken? Malchen. Onkel! Sopie (gleichzeitig). Bruder! Rappelkopf (fasst sich wieder). Verzeihen Sie, aber Sie haben eine Aehnlichkeit, eine Aehnlichkeit-- August. Mit wem? Rappelkopf. Mit--mit einem Menschen August. Mit was fuer einem? Rappelkopf. Der mich bestohlen hat. Sopie. Aber Bruder! August (lacht). Herr von Silberkern-- Malchen. Ach Onkel, er hat nichts gestohlen als mein Herz. Rappelkopf (auffahrend). Das ist es eben--(fasst sich) was mich nichts angeht. (Sehr freundlich.) Sind Sie nur nicht so kindisch, ich hab nur einen Spass gemacht. (Fuer sich.) Verstellung, steh mir bei! (Laut.) Endlich sind wir alle recht froh beieinander, meine lieben Kinder. (Lacht boshaft.) Das ist ein freudiger Tag heute. (Fuer sich.) Ich moecht zur Decke hinauffahren. Sopie. Wir wollen dich jetzt allein lassen, lieber Bruder. Damit du eine Stunde ausruhen kannst. Du bist zu angegriffen. In diesem Zimmer findest du ein Ruhebett, unterdessen werden wir die Nachforschungen nach meinem armen Mann verdoppeln, denn es gibt keinen ruhigen Augenblick fuer mich, solange ich in Ungewissheit ueber sein Schicksal leben muss. (Geht ab.) Rappelkopf. Da werd ein anderer klug, ich nicht. August. Herr von Silberkern, ich weiss, dass Sie alles ueber Herrn von Rappelkopf vermoegen. Rappelkopf. Da haben Sie recht, wenn ich nichts ueber ihn vermag, dann richtet niemand etwas mit ihm aus. August. Oh, dann werden Sie mir Ihren Beistand nicht versagen. Rappelkopf. Ihnen? hahaha! Nun, das will ich hoffen. August. Wenn meines Malchens Vater sein Haus wieder betritt und es Ihnen gelingt, ihm mildere Gesinnungen gegen die Welt einzufloessen, so vergessen Sie auch meiner nicht! Versichern Sie ihm, dass es keinen jungen Mann auf Erde gaebe, der mit einer so unwandelbaren Treue an seiner liebenswuerdigen Tochter und mit einer so innigen Dankbarkeit an ihrem edlen, aber ungluecklichen Vater hinge als der von ihm so ungerecht verfolgte August Dorn. (Verbeugt sich und geht ab.) Rappelkopf. Das ist mir unbegreiflich. Malchen (weinend). Lieber Onkel, wenn Sie meinen Vater sprechen, was ich gewiss nicht darf, so sagen Sie ihm, dass er seine Amalie unendlich gekraenkt hat, dass ihn niemand so sehr liebt wie seine Tochter, aber dass ihr auch gewiss das Herz brechen wird, wenn sie ihren August verlieren muesste. (Weint heftig.) Rappelkopf (sein Vatergefuehl bricht los, er schliesst Malchen heftig in seine Arme). Du bist halt doch mein Kind, wenn ich auch jetzt nicht dein Vater bin. (Nimmt sie am Kopf.) Was nuetzt denn das, das laesst sich nicht verleugnen. Ich muss dich kuessen, Malchen. Malchen. Ach guter Onkel! Rappelkopf. Sag du mir, ist das wahr, liebst du deinen Vater? Malchen. Unendlich, lieber Onkel! Rappelkopf. Und du luegst nicht? Malchen. Bei Gott nicht. Rappelkopf (freudig ueberrascht). Das ist schoen von dir, das freut mich. (Legt ihren Kopf an seine Brust.) Sie hat mich lieb! So hab ich doch eine Seele auf der Welt, die mich liebt. Aber jetzt geh hinaus, ich bitt dich um alles in der Welt, geh hinaus. Malchen. Sie verstossen mich doch nicht, lieber Onkel? Rappelkopf. Nein, ich verstoss dich nicht, ich will dich noch einmal kuessen sogar, aber geh hinaus, sonst muss ich mich vor mir selber schaemen, geh hinaus. Malchen. So ruhen Sie sanft, bester Onkel. (Ab.) Rappelkopf (allein). O Schande! ich bin ein Menschenfeind und komm da in eine Kuesserei hinein, die gar kein End nimmt. Das war der einzige vergnuegte Augenblick, den ich seit fuenf Jahren erlebt hab. Aber wie ist mir denn? bin ich betrunken? Das ist ja keine Moeglichkeit. Wenn das alles wahr waere, was die Leute zusammenreden, so waeren sie ja voellige Engel. Das ist Betrug, da muss etwas dahinterstecken. Das ist ein Einverstaendnis. Mein Weib ist eine Schlange. Zu was braucht sie einen Zichori? wenn so viel Kaffee aufgeht. Aber meine Tochter ist brav. Ueber die lass ich jetzt nichts mehr kommen. Auch den jungen Menschen trau ich nicht, den haben sies einstudiert. Er waer ohnehin bald steckengeblieben. Ha, da kommt der Habakuk, der grosse Bandit. Der soll mir Licht geben. Sechster Auftritt Voriger. Habakuk. Rappelkopf. He, Habakuk! Habakuk. Wie? Euer Gnaden wissen, wie ich heiss, und haben mich noch nicht gesehen? Rappelkopf. Nu, ich kann Ihn ja wo anders gesehen haben. Habakuk. Ja freilich, ich war zwei Jahr in Paris. Befehlen Euer Gnaden etwas? Rappelkopf. Ja! was ich sagen wollte--(Beiseite.) Ich trau dem Kerl nicht. (Laut.) Hat Er nicht ein Messer bei sich? Habakuk. Nein, ich werd aber gleich eins holen. (Will ab.) Rappelkopf (erschrickt). Untersteh Er sich, ich brauch keins mehr. Ich hab nur etwas abschneiden wollen. (Fuer sich.) Er waer imstande er holet eins. Habakuk. Ich weiss nicht, ich trag sonst immer ein Messer bei mir-- Rappelkopf (fuer sich). Nun da haben wirs ja, das ist ein routinierter Moerder. (Laut.) Lieber Freund, ich werd Ihm ein gutes Geschenk machen, geh Er mir ein wenig an die Hand. Er weiss, ich bin der Bruder Seiner Frau. Habakuk. Habs schon weg, Euer Gnaden. Rappelkopf (fuer sich). Unbegreifliche Zauberei! (Laut.) Sag Er mir, wie behandelt denn mein Schwager seine Frau? Habakuk. Infam, Euer Gnaden. Rappelkopf. Was sagt Er? Habakuk. Oh, das ist ein sekkanter Mensch, der glaubt, die Leut sind nur wegen ihm auf der Welt, dass er s' mit Fuessen treten kann. Rappelkopf (fuer sich). Nun bei dem hoert man doch ein wahres Wort. Der redt doch, wie er denkt. (Laut.) Ja, es soll nicht zum Aushalten sein. Darum kann ihn aber auch meine Schwester nicht ausstehen. Nicht wahr? Habakuk. Ah, was fallt Euer Gnaden ein, sie weint sich ja voellig die Augen aus um ihn. Ich kann sie nicht genug troesten. Rappelkopf. Man hat aber erzaehlt, sie haette ihn wollen gar ermorden lassen. Habakuk. Ah, hoeren Euer Gnaden auf. Euer Gnaden werden doch nicht auch so einfaeltig sein, das zu glauben. Rappelkopf. Ja, Er ist ja, glaub ich, mit dem Messer auf ihn gegangen. Habakuk. Ich? warum nicht gar, ich fall in Ohnmacht, wenn sie nur ein Hendel abstechen. Er war im Gartenzimmer, und kein Mensch hat sich hinausgetraut, und die Koechin hat einen Zichori gebraucht, und die Frau hat gschafft, ich soll einen ausstechen. Rappelkopf (beiseite). Mit dem ewigen Zichori! am End ists doch wahr. Habakuk. Er lasst ja keinen Menschen zu Wort kommen, der Satanas. Rappelkopf (fuer sich). Das ist ein impertinenter Bursch. Ein Verleumder. (Laut.) Und sag Er mir, ist denn Sein Herr ein gescheidter Mann? Habakuk (verneinend). Ah! (Vertraulich.) Wissen Euer Gnaden, wir reden jetzt unter uns, es ist nichts zu Haus bei ihm. (Deutet auf den Kopf.) Rappelkopf (beiseite). Nein, das ist nicht zum Aushalten. (Gibt ihm Geld.) Da hat Er, mein lieber Freund, Er hat mir schoene Sachen gesagt, ich bin sehr zufrieden mit Ihm, aber geh Er jetzt. Habakuk. Kuess die Hand! (Fuer sich.) Aha, den freuts, dass ich ueber den andern schimpf. Er kann ihn nicht recht leiden. Ich muss noch aerger anfangen, vielleicht schenkt er mir noch etwas. (Laut.) Ja sehen Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein so zuwiderer Mensch ist mir nicht vorgekommen, und es gibt ihm alles nach, das ist gar nichts nutz, da wird er nie kuriert. Ich versteh nichts von der Medizin, aber ich glaub, wenn er einmal recht durchgewassert wurd, es muesste sich seine ganze Natur umkehren. Rappelkopf. Jetzt hat Er Zeit, dass Er geht. Den Augenblick hinaus, Er undankbarer Mensch, wie kann Er sich unterstehen, so von Seinem Herrn zu reden? Gleich fort, oder ich schlag Ihm Arm und Bein entzwei. (Sucht einen Stock.) Habakuk. So ists recht, jetzt faengt der auch an. (Im Abgehen.) Nun, den sag ich bald wieder was, das ist eine schreckliche Familie. Na, das ging' mir ab. (Geht brummend ab.) Rappelkopf (allein). So kann man seine Leute kennenlernen. Von meiner Frau redt er nicht so schlecht, er getraut sich nicht, weil er mich fuer ihren Bruder haelt. Aber fuer einen Moerder ist er doch zu dumm, ich hab ihn fuer pfiffiger gehalten. Es wird doch auf den Zichori hinauskommen. Was mich das fuer eine Ueberwindung kostet, mit all diesen Menschen zu reden! Aber ich muss meine Untersuchung vollenden, weil ich sie begonnen habe und weil ich in nichts zuruecktrete, wenn ich nicht muss, wie heut im Walde. Siebenter Auftritt Voriger. Lischen. Lischen. Die gnaedige Frau laesst fragen, ob Euer Gnaden eine Tasse Tee befehlen. Rappelkopf. Ich danke. (Fuer sich.) Die werd ich auch in die Kur nehmen. (Laut.) Was macht meine Schwester? Lischen. Sie ist sehr betruebt. Rappelkopf. Weswegen? Lischen. Unseres gnaedigen Herrn wegen. Rappelkopf. Wegen mir? Lischen. Ah, wegen Ihnen nicht. Rappelkopf (fasst sich). Ja so. (Fuer sich.) Die kennt mich auch nicht. (Laut.) Und was macht meine Nichte? Lischen. Sie spricht mit ihrem Braeutigam. Rappelkopf (fuer sich). Himmel und Hoelle! (Fasst sich. Laut.) Was ist denn das fuer ein Mensch? Lischen. Ein sehr liebenswuerdiger Mensch. Rappelkopf. Was heisst das, macht er Ihr auch die Cour? Lischen. Nun, das waere der Wahre, er wagt es ja kaum, ein anderes Maedchen anzusehen. Das wird ein handfester Pantoffelritter werden. Ich glaube, er hat mir bloss darum noch keinen Heller zum Geschenke gemacht, damit er nur meine Hand nicht beruehren darf. Er und mein Fraeulein taugen ganz zusammen, und es ist himmelschreiend, dass der gnaedge Herr seine Einwilligung nicht gibt. Rappelkopf (rasch). Da hat er recht, wenn er sie nicht gibt. Der junge Mensch hat keine Achtung vor ihn. Lischen. Ei bewahre, er schaetzt ihn weit mehr--verzeihen Euer Gnaden, wenn ich so von Ihren Herrn Schwager spreche--aber weit mehr, als er es verdient. Rappelkopf (fuer sich). Es ist, als ob sie sich alle verschworen haetten wider mich. Geduld, verlasse mich nicht! (Laut.) Ich will Ihr etwas schenken, aber sag Sie mir in der groessten Geschwindigkeit alle ueblen Eigenschaften Ihres Herrn. Lischen. In einer Geschwindigkeit, das ist ohnmoeglich, gnaedger Herr. Rappelkopf. Warum nicht? Lischen. Weil, wenn ich jetzt diesen Augenblick anfange, ich morgen frueh noch nicht fertig bin. Rappelkopf. Wo ich nur die Geduld hernehme, das alles anzuhoeren! Lischen. Es ist schon genug, dass er ein Menschenfeind ist. Ich begreife gar nicht, wie man bei einem so grossen Vermoegen, einer gutmuetigen Frau, einer wohlerzogenen Tochter und einem so huebschen Stubenmaedchen ein Menschenfeind sein kann. Lied Ach, die Welt ist gar so freundlich Und das Leben ist so schoen. Darum soll der Mensch nicht feindlich Seinem Glueck entgegenstehn. Alles sucht sich zu gefallen, Liebend ist die Welt vereint, Und das Haesslichste von allen Ist gewiss ein Menschenfeind. Heitrer Sinn nur kann begluecken, Nur die Freude hebt die Brust, Nur die Liebe bringt Entzuecken, Und der Hass zerstoert die Lust. Doch wenn alle sich erfreun Und der Stern des Frohsinns scheint, Sitzt im duestern Wald allein Drauss der finstre Menschenfeind. Sieht man nur die goldne Sonne, Wenn sie auf am Himmel steigt, Wie sie schon mit holder Wonne Allen Wesen ist geneigt: Dann kann man die Welt nicht hassen, Die 's im Grund nicht boese meint, Man muss nur die Lieb nicht lassen, Wird man nie zum Menschenfeind. (Ab.) Rappelkopf (allein). Schrecklich! Muss ich mich auch noch ansingen lassen! Das sind Beleidigungen nach den Noten, und ich darf den Takt nicht dazu schlagen. Und alles bleibt auf einem Wort! Wer kommt? Achter Auftritt Voriger. Sophie. Lischen. Sopie (stuerzt rasch herein). Bruder, er kommt! Rappelkopf. Wer kommt? Lischen. Der gnaedge Herr! Sopie. Mein Mann! Rappelkopf. Ich komm! (Schlaegt sich begeistert an die Brust.) Endlich einmal. Solang die Welt steht, war noch niemand so neugierig auf sich selbst als ich. Astragalus (ruft noch vor der Tuer). Dass niemand zu mir gelassen wird! Rappelkopf. Meine ganze Stimme. Ich hoer mich schon. (Tritt zurueck.) Neunter Auftritt Vorige. Astragalus tritt ein. Astragalus (wie er Sophie sieht, prallt er zurueck und ruft). Ha! (Er will zurueck.) Rappelkopf (sagt schnell). Ich bins, ist kein Zweifel! Sopie (haelt ihn zurueck). Oh, bleib doch, lieber Mann! wir sind gluecklich, dass wir dich wieder sehn. Astragalus (reisst sich los). Lass mich. Entweder gehst du oder ich. Sopie (Mit Ueberwindung). Nun so bleib, ich will gehn. (Geht seufzend ab.) (Astragalus tritt mit empoerter Miene vor, bleibt mit verschraenkten Armen stehn und blickt wild umher, ohne Rappelkopf zu bemerken.) Rappelkopf (betrachtet ihn vom Fuss bis zum Kopfe mit ungeheurem Erstaunen und spricht dann ueberzeugt). Ich bins--Aufgelegt bin ich nicht gut, aber das kann nicht anders sein. Astragalus (zu Lischen). Was will Sie da? Lischen (zitternd). Fragen, ob Euer Gnaden nichts befehlen. Rappelkopf. Eine Angst hat alles vor mir, dass es eine Freude ist. Astragalus. Wo ist die Tinte? Lischen. Dort ist sie. (Deutet auf den Tisch.) Astragalus. Und Federn? Lischen (aengstlich). Die hab ich nicht. Rappelkopf. Jetzt hat die Gans keine Federn! Astragalus. Hol Sie welche! hat Sies gehoert? Hinaus mit Ihr, Sie Schlange, Sie Basilisk, Sie Krokodil, Sie Anakonda! Rappelkopf. In der Naturgeschichte bin ich gut bewandert. Lischen. Gleich, Euer Gnaden. (Im Abgehen.) Der boese Feind hat ihn zurueckgefuehrt. Ich lass mich nicht mehr sehn. (Ab.) Rappelkopf. Die lauft. Ich weiss nicht, ich gfall mir recht gut. Ein wenig rasch bin ich, das ist wahr. Astragalus (entschlossen). Ja! Ich will mein Testament machen. Rappelkopf (fuer sich). Testament? Nu waer nicht uebel. Den Entschluss muss ich gleich unterbrechen. (Laut.) Gruess Sie Gott, lieber Schwager. Eben bin ich angekommen. Astragalus. Wer ist das? Rappelkopf (entzueckt). Das ist ein eigner Anblick, wenn man vor sich selber steht. Astragalus (schnell). Was machen Sie hier? Warum haben Sie nicht geschrieben? Haben Sie meine Intressen mitgebracht? Wie stehts mit meinem Vermoegen? Rappelkopf (fuer sich). Jetzt gehts recht, das moecht ich selbst gern wissen. Astragalus. Das Haus in Venedig soll nicht gut stehen, ist es verloren? Rappelkopf (erschrickt). Verloren? Waer nicht uebel, (beiseite) mir wird selbst angst. Astragalus. Ich hab keine Intressen erhalten. Rappelkopf. Ich auch nicht. Astragalus. Sie muessen es haben, Sie haben mir es sonst geschickt, da steckt ein Betrug dahinter. Rappelkopf. So lassen Sie sich nur sagen-- Astragalus. Ich lass mir nichts sagen--ich kenn die Welt, sie gehoert zum Katzengeschlechte-- Rappelkopf. Ich-- Astragalus (wuetend). Still-- Rappelkopf. Wenn er nur nicht gar so schreien moechte, mir tun die Ohren weh. Zehnter Auftritt Vorige. Habakuk mit Federn. Habakuk (zitternd). Euer Gnaden, hier bring ich die Federn. Astragalus (entsetzt sich). Ha! Dieser Moerder wagt es, vor meine Augen zu kommen! (Nimmt den Stuhl vor und retiriert sich.) Komm mir nicht an den Leib! Bandit! Rappelkopf. Ach, das ist uebertrieben. Wer wird sich denn vor dem Esel fuerchten? Habakuk. Die gnaedige Frau lasst fragen, ob sie noch nicht herueberkommen darf. Astragalus. Nein. Habakuk. Sie weint aber so abscheulich. Astragalus. So soll sie schoener weinen, hahaha, oder ich fang zum lachen an. Habakuk. Wenn sie aber krank wird? Astragalus. Die Gicht in ihren Leib! Und ins Spital mit ihr! Rappelkopf (beiseite). Das ist ein kurioser Humor. Habakuk. Ah, verzeihen Euer Gnaden, aber das ist zu stark. Ich war zwei Jahr in Paris, aber-- Astragalus (aufspringend). Wenn Er es noch einmal wagt, dieses unertraegliche Sprichwort in meinem Haus ertoenen zu lassen, so--zahl ich hier Seinen Lohn in vorhinein. (Er wirft ihm einen Geldbeutel vor die Fuesse und trifft damit Rappelkopf an das Schienbein.) Rappelkopf (zieht den Fuss auf). Sapperment hinein, achtgeben, das muessen harte Taler sein. Astragalus. Hab ich Ihnen weh getan? Rappelkopf. Ich glaub, ich hab ein Loch im Fuss. Astragalus. Gschieht Ihnen recht. (Zu Habakuk.) Wenn Er also dieses Wort noch einmal sagt, so geht Er an der Stelle aus meinem Dienst. Wenn ich auch nicht dabei bin. Nehm Er! Rappelkopf. Es ist meine ganze Manier. (Zu Habakuk.) Nu apport! Habakuk. Euer Gnaden, um diesen Preis kann ich mich nicht darauf einlassen, denn ich habe keinen Stolz, als dass ich zwei Jahr in-- Astragalus (fasst ihn am Halse). Ich erdrossle Ihn, wenn Er noch einen Buchstaben mehr dazu sagt. Habakuk. Zu Huelfe! Zu Huelfe! Rappelkopf (springt dazwischen). Aber Herr Schwager, das haett ich meinem Leben nicht geglaubt. Astragalus (haelt ihn noch immer). Wo warst du zwei Jahr, warst du in Paris? Habakuk (schreit aengstlich). Nein, in Stockerau. Astragalus. Also geh hin, wo der Pfeffer waechst. (Stosst ihn zur Tuer hinaus.) Rappelkopf. Ich find doch, dass ich etwas Abstossendes in meinem Betragen habe. Wenn das so fortgeht, so kaem ich mit mir selbst nicht draus. Ja so! Mein Geld muss ich wieder einstecken. Wir haben ja eine Kassa, das ist kommod, wenns der eine wegwirft, hebts der andere auf. Und wenn nur das nicht waer, dass, was ihm geschieht, auch mir geschehen muss. Und wie lang er draussen bleibt, ganz erhitzt, wenn er sich erkuehlt, so kriegen wir die Kolik. (Astragalus tritt ein.) Astragalus. Weil ich im Wald keine Ruh hab, so sollen sie auch von mir keine haben. Denn sie sind boshaft, sie koennten mich vergiften. (Setzt sich in einen Stuhl.) Rappelkopf. Das sind so uebertriebene Sachen. Wenn er nur etwas mit sich reden liess'. Herr Schwager! Astragalus (wendet ihm den Ruecken zu). Hinaus! Ungeheuer! Rappelkopf. So hab ichs akkurat gemacht. (Laut.) Aber warum denn? Wir sind ja die besten Freunde. Astragalus. Ich bin keines Menschen Freund. Und Sie will ich gar nicht ansehen. Ihr Gesicht ist mir verdaechtig. Rappelkopf. Sie werden mich doch fuer keinen Betrueger halten? Astragalus. Das nicht, aber man erinnert sich an einen, wenn man Sie ansieht. Rappelkopf. Ah, das ist impertinent, diese Grobheit haett ich mir nicht zugetraut. Und doch erinnere ich mich auf aehnliche Worte. Astragalus (zum Fenster hinaus). Halt, wer schleicht da zur Tuer hinaus? Donner und Blitz, das ist der junge Maler, der war bei meiner Tochter. Rappelkopf. Jetzt wirds angehn. Astragalus. Wart, du kommst mir nicht mehr aus. (Springt zur Tuer hinaus und stoesst Rappelkopf der ihm im Weg steht, auf die Seite.) Rappelkopf. Ich bin ja ein rasender Mensch. Ich fang mir ordentlich an selbst zuwider zu werden. Das haett ich meinen Leben nicht gedacht. Astragalus (von innen, schreiend). Sie muessen herein, ich lasse Sie nicht los. Rappelkopf. Hat ihn schon bei der Falten. Astragalus (von innen). Herein, sag ich. Rappelkopf. Und wie er schreit! und das geht alles auf meine Rechnung. Bis die Gschicht ein Ende hat, ruiniert er mir noch meine ganze Brust. (Astragalus zerrt August an der Hand herein.) Astragalus. Herein, du Verfuehrer meines Kindes! Wie koennen Sie es wagen, mein Haus zu betreten? Wer gibt Ihnen ein Recht dazu? Rappelkopf. Das ist wieder gut gesprochen, das gefaellt mir. August (ganz bleich). Meine Liebe, Herr von Rappelkopf, und meine redlichen Absichten. Astragalus. Sie sollen gar keine Absichten haben, weil Sie keine Aussichten haben. Rappelkopf. Bravo! Astragalus. Ich kann mein Kind verheiraten, an wen ich will, denn ich bin Vater. Rappelkopf. Bravissimo! Astragalus. Und es ist eine Frechheit von Ihnen, dass Sie sich gegen meine Erlaubnis in mein Haus zu schleichen suchen, um mein Kind von dem Gehorsam gegen seinen Vater abzubringen. Rappelkopf. Sehr schoen, ich muss mich selber loben. August. Herr von Rappelkopf, ich beschwoere Sie bei allen Gefuehlen, welche Ihr leidenschaftliches Herz je bestuermten, haben Sie Nachsicht mit den meinigen. Ich kann ohne Ihre Tochter nicht leben, ich war drei Jahre abwesend, und meine Gesinnungen haben sich nicht veraendert. Ich besitze ein kleines Vermoegen, habe mich in meiner Kunst verbessert, schenken Sie mir Ihre Einwilligung, nie werde ich Ihre Gnade vergessen, und Sie werden einen dankbaren Sohn an mir gewinnen. Rappelkopf. Das ist kein gar so schlechter Mensch, er soll doch nicht so hart mit ihm sein. Astragalus. Ich traue Ihren Worten nicht, denn Falschheit blickt aus Ihrem Auge. Darum wagen Sie es nicht mehr, meine Schwelle zu betreten. Eh steht mein Tor hungrigen Woelfen offen, eh lass ich Raben unter meinem Dache nisten, eh will ich giftge Schlangen an dem Busen naehren, eh lass ich alle Seuchen hier im Hause wueten und will die Pest zu meinem Tische laden, eh ich nur Ihrer Lunge einen Atemzug in meinem Schloss erlaube. Rappelkopf. Das ist ein Unsinn ohnegleichen. Es ist beinah nicht zu glauben, dass ein Mensch so sein kann. August. Herr von Rappelkopf, wenn Ihnen das Leben eines Menschen etwas gilt, so reizen Sie meine Leidenschaft nicht auf das hoechste-- Herr von Silberkern, nehmen Sie sich meiner an. Rappelkopf. Ich kann ja nicht, ich bin froh, wenn er mich selber nicht hinauswirft. August. Also wollen Sie mir mit Gewalt das Leben rauben? Astragalus (boshaft). Sie wuerden mich sehr verbinden, wenn Sie mir es zum Geschenke machen wollten. Rappelkopf (entruestet). Ah, das ist infam--Herr Schwager (Geht auf Astragalus zu.) Astragalus (faehrt heftig auf ihn los). Schweigen Sie! Sie sind auch im Komplott mit ihm, aber ich schwoere es Ihnen bei dem gluehenden Eingeweide des Vesuvs: wenn Sie es wagen, mein Kind in dieser Leidenschaft zu unterstuetzen, wenn Sie nur eine Miene machen, meine Ansichten zu missbilligen, so werden Sie ein Andenken nach Venedig mit zuruecknehmen, dass ganz Italien darueber in Entsetzen geraten soll. (Ab ins Nebenzimmer.) Elfter Auftritt Rappelkopf. August. Rappelkopf. Nein, das ist nicht mein Ebenbild. Der uebertreibt. Das ist ein schauderhafter Mensch, ich krieg einen ordentlichen Hass auf ihn. Wenn der so fortwuetet, in acht Tagen sind wir alle zwei hin. August (der mit sich gekaempft). Leben Sie wohl, Herr von Silberkern, gruessen Sie mein Malchen und vergessen Sie mich nicht. Rappelkopf. Wo wollen Sie denn hin? August. Fragen Sie mich nicht. Ich kann ohne Amalie nicht leben-- (Will fort.) Rappelkopf. So sein Sie nur ruhig, ich geh Ihnen mein Wort, Sie bekommen sie. August. Wenn aber der Vater nicht will? Rappelkopf. Er will schon, der Vater, sorgen Sie sich nicht. Gehen Sie jetzt unterdessen fort, ich werde alles ausgleichen, und wenn Sie Liebesbriefe haben, so geben Sie s' mir, ich werd sie schon besorgen. August. Ach bester Onkel, ich muss Sie umarmen, o Freude, Freude, verlassen Sie mich nicht, sagen Sie meinem Malchen-- Rappelkopf. Gehen Sie nur-- August. Nie werd ich Ihre Guete vergessen-- Rappelkopf (draengt ihn zur Tuer hinaus). Auf Wiedersehn! (Allein.) Das ist ein passabler Mensch. Den hab ich beinahe verkannt. Ueberhaupt faengt es bei mir an, etwas Tag zu werden. Zwoelfter Auftritt Habakuk. Voriger. Habakuk. Euer Gnaden verzeihen, dass ich meine Zuflucht zu Ihnen nimm, mit meinen gnaedigen Herrn zu reden, ist zu halsbrecherisch. Da sind Euer Gnaden viel guetiger. Euer Gnaden haben mir doch nur Arm und Bein entzwei schlagen wollen, und unter zwei Uebeln muss man das kleinste waehlen, und da bin ich also an Euer Gnaden geraten. Rappelkopf. Das ist gar ein dummer Mensch, ich kann gar nicht begreifen, wie mich etwas beleidigen hat koennen von ihm. Nu was hat Er denn? Habakuk. Ein Anliegen, Euer Gnaden. Rappelkopf. Was denn fuer eines? Habakuk. Sehen Euer Gnaden, ich--(Haelt inne und seufzt tief.) Ich halts nicht aus. Rappelkopf. Was haelt Er nicht aus? (Beiseite.) Das ist ein unertraeglicher Kerl, mir steigt schon die Gall auf. Habakuk. Euer Gnaden wissen, dass ich das Bewusste nicht mehr sagen darf, und wenn das nicht anders wird, so muss ich zugrunde gehen. Rappelkopf. Aber was hat Er denn davon, wenn Er sagt, dass Er zwei Jahr in Paris war? Habakuk. Unendlich viel, es hat alles viel mehr Achtung vor einem. Das hab ich schon viel hundertmal an andern bemerkt. Kurz, wenn ich das verschweigen muss, ich bekomme eine Gemuetskrankheit, ich geh drauf. Rappelkopf (unwillkuerlich laechelnd). Ich weiss nicht, soll ich mich aergern oder soll ich lachen. Habakuk. Ich unterdruck es immer, und das macht mir Beklemmungen. Denn ich war zwei--(Setzt ab.) Sehn Euer Gnaden, mir wird voellig nicht gut. Rappelkopf. Ja wegen was darf Ers denn nicht sagen? Habakuk. Er jagt mich ja fort. Rappelkopf. Wenn er es aber nicht hoert? Habakuk. Ja was glauben Sie denn, was der fuer Ohren hat, die gehn ja ins Unendliche. Rappelkopf. Schimpft in einem fort ueber mich und weiss es nicht. Was ich fuer Grobheiten einstecken muss! (Scharf.) Wenn ers befohlen hat, so muss Ers tun, ich kann Ihm nicht helfen. Habakuk. Also keine Rettung. Ich empfehl mich Euer Gnaden! aber es wird eine Zeit kommen, wo es zu spaet ist. Ich habe meinen Dienst ordentlich versehen, ich hab keinen Kreuzer veruntreut, aber das ist meine Leidenschaft, von der kann ich nicht lassen. Rappelkopf. Nu so sag Ers-- Habakuk. Ich trau mich nicht. Rappelkopf. Auf meine Verantwortung. Habakuk. Lassen sich Euer Gnaden statt mir fortjagen? Rappelkopf. Nun ja-- Habakuk. Nun so versichre ich Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber das werd ich Ihnen nicht vergessen. (Atem schoepfend, als fuehlte er sich erleichtert.) Das ist eine Wohltat, die nicht zu beschreiben ist. Rappelkopf. Also ich erlaub es Ihm, von diesem Augenblick an, es wieder zu sagen, unter der Bedingung, dass Er nicht mehr ueber seinen Herrn schimpft. Habakuk. Oh, das ist ein Mann, wies gar keinen mehr gibt. Und jetzt erlauben Euer Gnaden, dass ich Euer Gnaden umarmen darf. Euer Gnaden sind mein Wohltaeter, mein Vater! Heut bringt kein Mensch mehr ein anderes Wort aus mir heraus als: Ich war zwei Jahr in Paris. (Ab.) Rappelkopf (allein). Es ist unglaublich, der eine moecht gern ewig verliebt sein, und dieser ist wieder zufrieden, wenn man ihm erlaubt, dass er sagen darf, dass er zwei Jahr in Paris gewesen ist. Es ist laecherlich, und doch findet er seinesgleichen. Es hat halt jedermann sein Steckenpferd. Arie Die Welt, ich schreib ihr die Devise, Ist bloss ein wahnberauschter Riese. Der eine spraech gern mit den Sternen, Der andre moecht gern gar nichts lernen, Der dritte denkt, zum Existieren Muesst sich die Menschheit parfuemieren. Der laeuft im Wahn dem Wasser zu, Der andre laesst dem Wein kein Ruh. Der ist so bloed wie ein Stueck Holz, Und jener kennt sich nicht vor Stolz. Der sitzt und erbt zehntausend Gulden, Der laeuft herum und ist voll Schulden. Oft moecht der eine avancieren, Der andre moecht sich retirieren. Der Blinde moecht gern Augen finden, Und mancher sieht und moecht erblinden. So dreht die Welt sich immer fort Und bleibt doch stets an einem Ort. Der Egoismus ist die Achse, Der Hochmut zahlt am End die Taxe. Die Erd, es koemmt darauf heraus, Ist nur im Grund ein Irrenhaus. Und wie ich nach und nach gewahr, So bin ich selbst ein grosser Narr. Dreizehnter Auftritt Voriger. Sophie, Malchen und Lischen treten ein. Sopie. Lieber Bruder, was sagst du zu dem Betragen meines Mannes? Hab ich das um ihn verdient? Rappelkopf. Nein, liebe Schwester, so lang ich da bin, nicht. (Beiseite.) Wenn nicht noch was nachkommt. Malchen (weint). Ach Onkel, jetzt ist mein Unglueck entschieden. Rappelkopf. So troeste dich, Malchen! (Beiseite.) Nur um das Kind ist mir leid, an den andern allen liegt mir nichts. (Man hoert von innen laeuten.) Lischen. Er laeutet. Wer geht denn jetzt hinein? Sopie. Mich will er ja nicht sehen. Rappelkopf. Und ich mag ihm nicht sehen. Lischen. Ich trau mich nicht hinein. Malchen. Ich auch nicht, liebe Mutter. Rappelkopf. Ich bin ungemein beliebt. Malchen. Lieber Onkel, gehen Sie! Rappelkopf. Ich? Ich nicht. (Beiseite.) Ich fuercht mich vor mir selber. (Es laeutet wieder.) Sopie. Er laeutet wieder. Ich muss doch-- Lischen (schnell). Ich geh schon, gnaedge Frau. (Steckt den Kopf zur Kabinettstuer hinein und ruft.) Was befehlen Ihro Gnaden? Astragalus. Frisches Wasser! schnell! Alle drei. Was ist ihm denn? Lischen. Er sitzt erhitzt am Fenster, es scheint ihm nicht wohl zu sein, er ruft nach Wasser. Sopie. Bring Sie welches. Wenn er nur nicht krank wird! (Lischen geht ab.) Rappelkopf. Nu waer nicht uebel, das koennt ich brauchen. Sopie. Am Ende trifft ihn noch der Schlag. Rappelkopf. Hoer auf, mir wird schon voellig bang. Sopie. Gib die Hausapotheke her! Niederschlagendes Pulver! Rappelkopf. Nur geschwind etwas Niederschlagendes. Malchen (nimmt sie aus dem Schrank). Hier ist sie. Lischen (ein Glas Wasser bringend). Hier ist Wasser! Rappelkopf. Wartet nur, ich werd es selbst hineinruehren. (Tut es. Fuer sich.) Ich muss ja schauen auf mich, was waer denn das? Lischen (die am Kabinett gehorcht, springt weg davon). Er koemmt. Vierzehnter Auftritt Vorige. Astragalus aus dem Kabinette. Astragalus. Also so werden meine Befehle respektiert? (Zu Sophie.) Was machst du hier? Was hat der Maler hier im Hause wollen? Wir sprechen uns schon noch. Sopie. So sei nur ruhig, lieber Mann, dir ist nicht wohl, setz dich doch und nimm Arznei. (Sie reicht ihm das Glas.) Astragalus (wild). Wasser will ich, und sonst nichts. Sopie. Du musst, ich darf dich nicht erkranken lassen. So nimm, ich bitte dich. Astragalus. Nein! Malchen. Lieber Vater, nehmen Sie. Rappelkopf. Es gehoert wirklich eine Geduld dazu. Ich moecht mich selbst ohrfeigen, aber auf seinem Gesicht. Astragalus. So gib denn her. (Er nimmt das Glas.) Hoelle, was ist das? der Trank ist truebe. Gesteh, du hast ihn mir vergiftet. Malchen. Aber Vater-- Lischen. Gnaedger Herr! Astragalus. Da hilft kein Leugnen mehr, der Trank ist Gift. Rappelkopf. Ah, das ist noch ueber den Zichori. Sopie. So hoer doch nur, es ist ja niederschlagendes Pulver. Astragalus. Es ist nicht wahr. Rappelkopf. Ich schlag ihn noch ohne Pulver nieder. Astragalus (wirft das Glas um die Erde). Ich bin in meinem eignen Haus des Lebens nicht mehr sicher. Rappelkopf. Entsetzlich! meine eigenen Worte. Astragalus. Mein Weib ist eine Moerderin. Darum herab mit euch, ihr Fruechte, die fuer meinen Hass gereift. (Entreisst Sophien ihre Halskette, woran sein Portraet haengt.) Was traegst du hier am Hals? hinweg damit, du sollst kein Angedenken von mir tragen als den Fluch, womit ich deine Bosheit kroenen will. So hoer mich denn, du moerderisches Weib-- Rappelkopf. Genug, genug! das ist der ganze Narr wie ich, ich kann mich selber nicht mehr anschauen mehr. Sopie (faellt in einen Stuhl). Ich unglueckselges Weib! Astragalus. Verlass mein Schloss, ich will allein hier hausen, und mein Geschaeft heisst Menschenhass. Ich will von dir und von der Welt nichts wissen mehr, verwuensche dich, verwuensch mein Kind-- Rappelkopf. Nein Sapperment, jetzt wirds mir z'viel. Der Mensch verflucht mir 's ganze Haus. Astragalus. Geh hin zu deinem Maler, treib es bunt, wie ein Chamaeleon sollst du in allen Farben prangen, werd gruen vor Galle, blau von Schlaegen, rot vor Schande, weiss vor Kummer, gelb von Fieber, grau vom Alter und-- Rappelkopf (freudig). Das ist gscheid, jetzt gehn ihm d' Farben aus. Astragalus. Doch lass dich nimmermehr vor meinen Antlitz sehen, verleugne mich, ich bin dein Vater nicht-- Malchen (umklammert weinend seine Knie). Vater, Barmherzigkeit, verstossen Sie mich nicht! Astragalus. Hinweg von mir! (Stosst sie fort.) Rappelkopf. Das leid ich nicht--potz Donnerkeil und Wolkenbruch--Nun hab ichs satt, ich muss mich um meine Familie annehmen. Der Mensch ruiniert mir Weib und Kind. Sapperment! Sie sind kein Mensch, ein Teufel sind Sie, der mich schwaerzer darstellt, als ich bin. Astragalus. Du kommst mir eben recht, du schaendlicher Betrueger! Gib mir Genugtuung dafuer, dass du Komplotte hinter meinem Ruecken schmiedest. Gib Rechenschaft--(er packt ihn an der Brust) wie mein Vermoegen steht-- Malchen. Zu Huelfe! Onkel! Sopie (gleichzeitig). Zu Huelfe! Bruder! Lischen (gleichzeitig). Zu Huelfe! Rappelkopf. Was? anpacken? Ha, Entehrung! Satisfaktion, Duell! (Alle Hausleute.) Astragalus. Pistolen her! Rappelkopf. Kanonen her! Astragalus (nimmt Pistolen von der Wand). Hier sind sie schon. Rappelkopf. Das wird ein Treffen wie bei Navarin. Sopie. Mann, ich bitte dich um alles in der Welt! Astragalus. Umsonst! Malchen. Onkel, sind Sie doch vernuenftig! Rappelkopf. Geh weg, ich hab keine Zeit dazu. Astragalus. Fuenf Schritte sind genug. Wir schiessen uns zugleich. Zaehl drei! Sopie. Versoehnt euch doch! Rappelkopf. Wir sind die besten Freund, jetzt sind wir erst auf du und du. Geh fort, ich muss. (Zaehlt und zielt.) Eins, zwei-- Sopie (faellt in Ohnmacht). Ach! Rappelkopf. Die fallt schon um, ich hab noch gar nicht gschossen. Malchen. Die Mutter stirbt! Rappelkopf. Sie soll noch warten, sag! Astragalus. Drueck los! Malchen (umschlingt ihren Vater). Ach Onkel, halten Sie, sonst toeten Sie zwei Menschen. Rappelkopf (prallt zurueck). Was? Himmel, jetzt fallt mir was ein, ich kann mich gar nicht duellieren mit ihm! Wir haben nur alle zwei ein Leben. Wann ich ihm erschiess, so schiess ich mich selber tot. Wenn ich jetzt losdruckt haett, jetzt waers schon gar. Astragalus. Mach fort! warum besinnst du dich? Rappelkopf. Nu wenn sich einer da nicht besinnen soll, hernach gehts recht. Astragalus. Nur einer faellt, ich oder du. Rappelkopf. Das kann nicht sein, wir falln in Kompagnie. Astragalus. Gleichviel, es geht auf Leben und Tod. (Zielt.) Rappelkopf. Halt, es geht auf Tod und Tod. Astragalus (geht auf ihn zu). Warum willst du nicht schiessen, feiger Wicht? (Sophie hat sich indessen erholt.) Rappelkopf. Weil mich meine Schwester dauert--ich will sie nicht zur Witwe machen--, und ihr Kind, und ihr Schwager, und die ganze Freundschaft. (Beiseite.) Das ist eine Schande, ich weiss gar nimmer, was ich sagen soll. Astragalus. Ich will mein Leben nicht fuer sie erhalten, und dir will ichs am wenigsten verdanken. Es gilt mir nichts, ich werf ihn weg, den unschmackhaften Rest des altgewordnen Seins, ich brauch ihn nicht. Rappelkopf. Wie der mit meinem Leben herumwirft, und ihm gehts gar nichts an. Astragalus. Doch deine Feigheit will ich nicht hier dulden, du packst dich fort aus meinem Haus, sonst werf ich dich hinaus-- Rappelkopf. Jetzt wirft er mich gar aus meinen eignen Haus? Der Mensch spielt noch Ballon mit mir, und bring ich ihn recht in Zorn, so trifft uns alle zwei der Schlag. Ich weiss gar nicht, was er noch immer will, ich sehs ja ein, ich war ein unvernuenftig Tier, ein Tiger, drum will ich wissen, was denn jetzt noch kommt. (Habakuk mit einem Brief tritt schnell ein.) Habakuk (eintoenig). Ein Brief. Rappelkopf. Aus Paris? Du Dummkopf! Habakuk. Nein, dasmal ist er aus Venedig. Astragalus (schiesst darauf los). Aus Venedig? her damit! Rappelkopf. Her damit! Der intressiert mich selbst. (Will hineingehen.) Astragalus (faehrt ihn an). Was wollen Sie? Rappelkopf (erschrickt). Ja so! Jetzt darf ich meine eignen Briefe nicht lesen. Verdammter Doppelgaenger du! (Astragalus wird waehrend des Lesens unruhig und bleich und zittert.) Das muss eine schoene Nachricht sein. Astragalus (laesst zitternd das Blatt fallen und sagt mit Entsetzen). Ich bin verloren! Rappelkopf (faengt zum zittern an). So bin ichs auch. Astragalus (sinkt in einen Stuhl.) Mir wird nicht wohl. Rappelkopf. Und mir wird uebel. (Sinkt in den gegenueberstehenden Stuhl.) Astragalus. Ich geh zugrunde Rappelkopf. Ich bin schon hin. Alle. Wasser! Wasser! (Die Weiber sind besorgt. Lischen laeuft ab.) Astragalus (springt auf). Wasser! Ja, ihr erinnert mich darauf. (Zu Rappelkopf) Du Verraeter bist an allem schuld. (Stuerzt ab.) Rappelkopf (springt auch auf). Nein, mein Schwager ist an allem schuld! Wo ist der Brief? (Liest. Erstarrt.) "Mein Herr, ich berichte Ihnen, dass das Handlungshaus, bei welchem Ihr Vermoegen liegt, ge--ge-- fallen ist." Ich lieg schon da--ich streck schon alle vier von mir. (Lischen kommt zitternd.) Lischen. Huelfe! Huelfe! der gnaedge Herr ist fort, er ruft, er wolle sich ersaeufen, er stuerzt sich in den Strom. Sopie. Mein Mann! Malchen. Der Vater! Alles. Eilt ihm nach! (Alles stuerzt ab.) Rappelkopf (kann vor Angst nicht von der Stelle). Halts ihn auf, den unglueckselgen Kerl, was der Mensch mit meim Leben treibt! Ich komm aus einen Tod in den andern hinein. (Die Knie brechen ihm.) Ich kann nicht fort, er springt hinein. Er ist schon drin, ich fang zum schwimmen an. (Schleppt sich fort.) Der Himmel steh mir bei, dasmal ein Menschenfeind, in meinem Leben nimmermehr. Verzweiflung, gib mir Kraft, sonst muss ich untergehn. (Ab.) Fuenfzehnter Auftritt Verwandlung Freie Gegend vor dem Schlosse. Im Hintergrunde ein tiefer Strom, an der Seite ein hoher Fels. Alle Hausleute. Malchen. August. Astragalus wird gehalten. Sophie kniet vor ihm. Gruppe. Chor. Haltet ihn, haltet ihn! Seht, er will entrinnen. Lasst ihn nicht, lasst ihn nicht, Denn er ist von Sinnen! (Astragalus reisst sich los und eilt auf den Fels. In dem Augenblick erscheint) Rappelkopf (und ruft). Halt! (Astragalus springt hinab. Rappelkopf faellt ohnmaechtig in die Arme seiner Frau und Tochter.) Schnelle Verwandlung in den Tempel der Erkenntnis. Hohe Saeulen von Kristall mit Gold geziert. Auf der Hinterwand eine grosse Sonne, in deren Mitte die Wahrheit schwebt. Vor ihr ein Opferaltar. Astragalus' Gestalt, welche in das Wasser sprang, war eine falsche. Dieser zeigt sich nun wie zu Anfang des zweiten Aktes. Mit ihm ideal gekleidete Alpengeister. Rappelkopf hat sich indessen in seine wahre Gestalt verwandelt. Sophie. Malchen. August. Astragalus (zu Rappelkopf). Willkommen hier in der Erkenntnis hellstrahlendem Tempel, im wahrheiterleuchteten Saale. Ich sehe dich beschaemt und reuergriffen vor mir stehen. Rappelkopf. Ja leb ich denn noch? Bin ich denn nicht in Kompagnie ersoffen? Sopie. Du lebst noch, lieber Mann! Malchen. Sie leben, lieber Vater! Rappelkopf. Und kuenftig nur fuer euch. (Umschlingt sie beide.) Wenn ich euch nicht zu schlecht bin, dass ihr fuer mich auch lebt. Astragalus. Du hast nun Menschenhass geschaut und eines Menschenfeindes Ende. Rappelkopf. Und ist er denn wirklich hin, dieser verwuenschte Lebenskompagnon, dieses Zerrbild meiner Unvertraeglichkeit? Astragalus. Er ist verschwunden wie dein Menschenhass. Rappelkopf. Nu das waren ein Paar saubre Leute, ich bin froh, dass ich sie losgeworden bin. Aber weil Eure Hoheit gar so viel vermoegend sind, koennten Sie denn nicht auch etwas ueber mein verlornes Vermoegen vermoegen. Damit ich auch meinem Schwager verzeihen koennt, weil er der einzige ist, den ich noch hasse. (Man hoert ein Posthorn. Linarius, als Postknecht gekleidet, mit Herrn von Silberkern.) Linarius. Hier lad ich meinen Passagier von seiner Wolkenreise ab. Die Alpenluft hat ihm recht gut getan. Silberkern. Nu wart, du saubrer Postillon! Herr Schwager, seh ich Sie einmal? Rappelkopf. Sie sind mir schon der liebste Schwager, jetzt kommt er erst daher, wenn schon alles vorbei ist. Sie sind an meinem Unglueck schuld, ich bin ein Bettler. Silberkern. Von einmalhunderttausend Gulden Muenze, die ich ohne Ihre Einwilligung bei dem Bankier erhoben habe, bevor das Haus noch fiel. Weil ich Wind bekam und Ihr Vermoegen retten wollte, das ich Ihnen hier in Wechseln uebergebe. Rappelkopf. Ach, das ist ein Schwager, den lass ich mir gfallen, der bringt doch was ins Haus. (Umarmt ihn, Silberkern umarmt Sophie.) Kinder, mein Vermoegen, die Menge Wechsel, ich bin voellig ausgewechselt vor lauter Freuden. Herr Schwager, das werd ich Ihnen nie vergessen. Silberkern. Zahlen Sie mir lieber meine Angst, die ich Ihretwegen ausstehn musste. Rappelkopf. Ich geh Ihnen die meinige dafuer, Sie kommen nicht zu kurz. Silberkern. Aber wie haengt denn das alles zusammen? Rappelkopf. Freund, das werden wir Ihnen morgen frueh erzaehlen, sonst moecht es den Leuten zu viel werden. Denn ich hab heut schon so viel geredet, dass ich nichts mehr sagen kann als: (zu August) Sie sind mein Schwiegersohn. Nehmen Sie sie hin. Aber Sie sind ein Maler, schmieren Sie s' nicht an. Lieben Sie s' so, wie ich Sie unrechterweise gehasst habe, dann kann sie schon zufrieden sein. August, Malchen (zugleich). Bester Vater! Rappelkopf (auf den Alpenkoenig zeigend). Dort bedankt euch. August, Malchen (stuerzen zu Astragalus' Fuessen). Grosser Alpenkoenig, Dank! Astragalus (mit Ruehrung). Ich hab dir gestern einen Kranz versprochen, Als ich dein Leid im Alpentale sah. Du siehst, ich habe nicht mein Wort gebrochen, Das Leid ist fort, der Kranz ist da. (Er nimmt einen Kranz aus schoenen Alpenblumen von glaenzender Folio, den ihm einer von den Alpengeistern reicht, und setzt ihn Malchen auf.) So nimm ihn hin, du Maedchen seltner Art, Das treulich haelt, was liebend es verspricht, Und weil ich euch so vaeterlich gepaart, Vergesst auch auf den Alpenkoenig nicht. (Geht ab.) Rappelkopf. Kinder, ich bin ein pensionierter Menschenfeind, bleibt bei mir, und ich werde meine Tage ruhig im Tempel der Erkenntnis verleben. Schlussgesang Erkenntnis, du lieblich erstrahlender Stern, Dich suchet nicht jeder, dich wuenscht mancher fern. Zum Beispiel die Leute, die uns oft betruegn, Die wolln nicht erkannt sein, sonst wuerden s' nicht luegn. Doch seien vor allen die Schoenen genannt, Die werdn von uns Maennern am ersten erkannt. Die Guten, die brauchen schon laengere Zeit, Obwohl die Erkenntnis dann ewig erfreut. Die Jugend will oft mit Erkennen sich messen, Die hat den Verstand schon mit Loeffeln gegessen. Doch rueckt nur das Alter einmal an die Reih, Dann kommt die Erkenntnis schon selber herbei. Der Mensch soll vor allem sich selber erkennen, Ein Satz, den die aeltesten Weisen schon nennen, Drum forsche ein jeder im eigenen Sinn: Ich hab mich erkannt heut, ich weiss, wer ich bin. Erkannt zu sein wuenscht sich vor allem die Kunst. Die feine Kokette bewirbt sich um Gunst. Und wird sie auch heute mit Ruhm nicht genannt, So werde denn doch nicht ihr Wille verkannt! *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ALPENKONIG UND DER MENSCHENFEIND *** This file should be named 7alpn10.txt or 7alpn10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7alpn11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7alpn10a.txt Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. 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